Meyerhöfer/Frahm, Die Architektur des Weins

Herausragende und auffallende Bauten, die Weingüter im deutschsprachigen Raum in den vergangenen beiden Jahrzehnten errichteten, sind der Inhalt von Dirk Meyhöfers Bildband "Die Architektur des Weines". Wesentlich war ihm dabei der erstrebenswerte Gleichklang von Wein, Architektur und Territorium. So ist auch seine Auswahl. Bei den meisten der vorgestellten Betriebe hatten die Planer und Bauherren viel Wert darauf gelegt, Materialien zu verwenden, die mit dem Ort harmonieren, damit der Bau nicht wie ein Fremdkörper in der Natur wirkt. Die gute Hälfte der im Buch vorgestellten und von Klaus Frahm fotografierten Bauten liegen in den deutschen Weinbauregionen, an Rhein und Mosel, am Kaiserstuhl oder in Franken. Der Rest verteilt sich auch Österreich, Italien und Ungarn.

In einigen deutschen Weinanbaugebieten dominieren Schieferböden, die sich dann auch als Naturstein an Dächern, Böden, Fassaden oder bei der Inneneinrichtung in traditioneller wie moderner Weinarchitektur wiederfinden. Kloster Eberbach, die „Mutter aller Weingüter" mit der beeindruckenden Klosteranlage und einer Schatzkammer, die weit in die Weingeschichte zurückreicht, war enst das größte Weingut auf deutschsprachigem Boden und produziert noch heute Wein im Steinbergkeller vor seinen Toren.

2010 erhielt er den „Architekturpreis Wein“. Die Schieferdächer der alten Klosteranlage spiegeln sich in den Böden der modernen Verkaufs- und Verkostungsräume der erweiterten Domäne. Das an den Nahe gelegene Weingut Gut Hermannsberg erhielt von seinen Architekten ein neues mit Kupfer umhülltes Kelterhaus, das abends so illuminiert wird und scheinbar glüht. Auch die kleinen Gästehäuser des Weinkulturguts Longen Schlöder an der Mosel nutzen den Schiefer der umgebenden Weinberge. Als der Winzer und seine Frau den Architekten Matteo Thun in dessen Studio in Mailand besuchten, erzählten sie ihm von ihrer Heimat, aber erst Thuns Besuch des Weinguts brachte den Architekten auf die Idee, die historischen Aufenthaltshütten in den Weinbergen so wiederauferstehen zu lassen. Innen arbeitete Thun fast ausschließlich mit Holz und vor den Häuschen laden gemütliche kleine Gärtchen mit in Stehtischchen versteckten Feuerlöschern (wegen des Brandschutzes) zum Plausch mit den Nachbarn ein. Das Mosel-Weingut Markus Molitor wurde 2012 durch den Kölner Architekt Lukas Baumewerd revitalisiert, wobei Markus Molitor noch heute staunt, wie er es geschafft hat, bei einem alten Weingut in Betrieb neue Böden und Decken einzuziehen. Auch aussen wurde das historisches Schiefermauerwerk von 1899 restauriert und aufgearbeitet.

Ob futuristisch wie im Weingut Franz Keller am Kaiserstuhl, traditionell wie bei Max Müller in Volkach oder puristisch-klar wie bei Weninger im Burgenland erscheint die Architektur des Weines für Architekten stets eine besondere Herausforderung und eine besondere Inspiration zugleich zu sein. Die ausgewählten Bauten werden mit großformatigen Farbfotos präsentiert, einige Pläne befriedigen auch die Interessen architektonischer Fachleute. Dazu kommen im Band die Architekten zu Wort, die schildern, wie sie Erfahrungen aus der Weinherstellung, -präsentation und -verkostung in ihrer Architektur umgesetzt haben. Ein idealer Bildband für Architekturfreunde unter den Weinliebhabern oder eine Anregung für Architekten, die sich im Weinarchitektur ausdrücken wollen. Der Autor ist selbst Architekt und arbeitete bis 1987 als Redakteur bei „Architektur und Wohnen“. Seitdem schreibt er als Publizist und Architekturkritiker über Stadt, Architektur und Design und gibt das Hamburger Architekturjahrbuch heraus. Ebenfalls aus Hamburg stammt der auf Architektur spezialisierte Fotograf Klaus Frahm.

(c) Magazin Frankfurt, 2024