Murath, Der Libanese

Murath, Der Libanese

(c) Heyne

"Der Libanese" ist der Auftakt einer Krimiserie um Ermittler Frank Bosman. Ihr Autor, der Berliner Clemens Murath debütiert damit zwar sehr vielversprechend als Krimiautor, hat aber bereits reichlich Erfahrung gesammelt als Autor von mehr als dreißig verfilmten und mehrfach ausgezeichneten Drehbüchern im Krimimilieu, wie Helen Dorn, Kommissar Dupin, Mordkommission Istanbul, Tatort, Polizeiruf 110, Der Kommissar und das Meer. Den mit stolzen 50.000 Mark dotierten Deutschen Drehbuchpreis erhielt er 2001 ausgerechnet für das nicht verfilmte Drehbuch „Im Schatten des Jaguars". Eine Grimme-Preis Nominierung gab es für „Es ist nicht vorbei“.

Man wundert sich ein bisschen, dass das gut und spannend geschriebene Buch als Auftakt einer Serie mit dem Ermittler Frank Bosman vom Berliner LKA vorgestellt wird, denn Bosmans Ermittlungsarbeit hat mit dem, was man gemeinhin unter Rechtstaatlichkeit versteht, wenig am Hut. Vielleicht ist diese Arbeitsweise, die sich einen Dreck, um die im Gesetz verbrieften Rechte der Kriminellen kümmert und selbst Verbrechen begeht, der einzige Weg, wie man in unserem durch und durch verkommenen Staat und einem maroden und käuflichen Rechtssystem so etwas wie "Ordnung" schaffen kann. Da muss einem wohl jedes Mittel Recht sein, wenn man etwas erreichen möchte. Doch diese Methoden unterscheiden sich wenig von Gestapo und Stasi.

Doch anders scheint es nicht mehr zu funktionieren. Die Arbeit der Polizei gegen ausländische Clans, die einige Familienmitglieder aus dem kriminellen Sumpf heraushalten und in Wirtschaft, Staat und Justiz etabliert haben, ist - auch durch Korruption in den eigenen Reihen und dem Durchstechen von Informationen über Informanten – schwer. Das organisierte Verbrechen in Deutschland – eine kriminelle Schattenwelt in der auch die Politik, die städtische Verwaltung, wie auch die Wirtschaft involviert sind

Auch wenn man einen Schuldigen gefasst hat, ist nicht gesagt, dass man ihn hinter Gitter bringt, wenn die Zeugen verängstigt oder liquidiert, die Richter erpresster ins Ausland abtauchen kann, die Zeugen verängstigt oder getötet, die Richter erpresst werden und die Tatverdächtigen in ihre Heimat abtauschen können, die sie nicht ausliefert.

Es ist insofern ein ziemlich hoffnungsloser Kampf, den Frank Bosman mit seinem Team vom LKA gegen Gangster wie Arslan Aziz führt, den Kopf einer libanesischen Großfamilie, die das Drogengeschäft in Berlin weitgehend kontrolliert. Als dann auch die albanische Mafia aggressiv auf den Markt drängt und Arslans Bruder Tarik einen Konkurrenten ermordet, sieht Bosman endlich eine Chance, den ganzen Clan zur Strecke zu bringen. Doch die Festnahme endet blutig, und Bosman kommt dabei schwer unter die Räder. Nicht nur hat er die internen Ermittler wegen der tödlichen Schießerei mit einem der Gangster am Bein, sondern muss sich auch noch einer blutjungen Augenzeugin erwehren, die ihn mit ihren Kenntnissen jederzeit in den Knast bringen kann. Als wäre das noch nicht genug, stellt sich heraus, dass sein Schwager Harry, ein windiger Filmproduzent, ebenfalls in den Fall verwickelt ist. Er schuldet Aziz eine Menge Geld, das er nicht zurückzahlen kann.

Man spürt die Erfahrungen Muraths als Drehbuchautor und die Handlung ist gut strukturiert, die Sprache ist authentisch und die Story hat jede Menge Speed. Es würde uns wundern, wenn sie nicht bald - trotz des politisch absolut nicht korrekten Verhaltens der Akteure - ebenfalls bald verfilmt wird.

Clemens Murath, Der Libanese, Heyne, Broschur, 480 Seiten, ISBN 978-3453272835, 16 Euro

(c) Magazin Frankfurt, 2024