A Private War

A Private War/Under the Wire

(c) Ascot Elite

Was reizt einen Journalisten, sich freiwillig als Reporter ein eine umkämpfte Krisenregion zu begeben, aus der jeder andere möglichst schnell fliehen möchte? Ist es Idealismus? Ist es die Suche nach der Wahrheit, die sonst auf der Strecke bleibt? Ist es Geltungssucht oder gar Wahnsinn, dass man selbst unzerstörbar ist? Wahrscheinlich ist es für die meisten der aktiven Kriegsreporter irgendetwas, was all diese Punkte berührt. Die Britin Marie Colvin war eine der bekanntesten Kriegsreporterin. Viele Reporter, die sich als "embedded journalists" von der US Army kämpfenden Militäreinheiten zugewiesen wurden, mussten zuvor ein Boot Camp durchlaufen, bevor sie mit in den Krieg ziehen durften. Der Job ist nicht ungefährlich. Im Irakkrieg kamen 16 der 600 embeds, die nicht nur aus den USA stammten, ums Leben. Verglichen zum dort eingesetzten Militär war deren Todeswahrscheinlichkeit 45mal höher. Colvin machte sich lieber selbständig auf die Suche nach vorher recherchierten Themen, denn selten gelangen dem embeds bei ihren Einsätzen Funde wie die Massengräber, die Marie Colvin bei einer ihrer Recherchen im Irak entdeckte. Manche dieser Einsätze waren die reinsten Selbstmordmanöver, bei denen Colvin und ihre sprachkundigen Begleiter ihre Identität verschleiern mussten, um nicht von den verschiedenen Militärposten liquidiert zu werden. Doch die Ergebnisse konnten sich sehen lassen und Colvin wurde mehrmals für ihre investigativen Extratouren belohnt. 2001 verlor sie bei einem Einsatz bei den Tamilen in Sri Lanka ihr linkes Auge und trug fortan eine schwarze Augenklappe. Doch auch weiterhin blieb sie ihrer Berufung treu. Wohl der schlimmste Einsatz ihrer Karriere führte sie nach Homs in Syrien, bei der sie eingekesselt wurde und als eine der letzten Berichterstatter noch in der Stadt weilten. Es sollte auch ihr letzter Einsatz bleiben. Kurz nachdem sie CNN über Satellitentelefon eine bedrückende Schilderung der Lage in der umkämpften Stadt gab, kostete ihr eine Granate, die vielleicht durch die Ortung des Telefons gezielt verschossen wurde, das Leben. Der Film spart auch nicht die Alkoholprobleme Colvins aus. Mit seinem Spielfilmdebüt setzt der Dokumentarfilmer Matthew Heineman ihr mit der fantastischen Rosamunde Pike in der Hauptrolle ein großartiges Denkmal.

Marie Colvin (Rosamund Pike) ist als Reporterin der Sunday Times eine der bekanntesten Kriegsberichterstatterinnen der Welt, reist rund um den Globus und lässt sich von nichts abschrecken. Sie bewegt sich inmitten der Londoner Elite genauso selbstverständlich wie im Kugelhagel in den gefährlichsten Winkeln der Welt. Selbst als sie von einer Granate in Sri Lanka am Auge getroffen wird, hält sie das nicht davon ab, ihren Job zu machen. Sie trägt nun einfach eine Augenklappe. Sie interviewt Diktatoren wie Gaddafi und lebt in ständiger Todesangst. Doch der volle Einsatz fordert auch ihren Tribut: Ihr Privatleben zerbricht immer wieder und auch die Grausamkeiten, die sie mitansehen muss, setzen ihr mehr und mehr zu und belasten ihre Psyche. Doch sie will nicht aufgeben und weiter die Schrecken des Krieges aufzeigen. Unterstützt von dem Fotografen Paul Conroy (Jamie Dornan, der Christian Grey aus Fifty Shades of Grey) macht sie sich schließlich auf zu ihrem gefährlichsten Einsatz: in die belagerte syrische Stadt Homs.

Der Film basiert auf einen Artikel in der Vanity Fair. Marie Brenners „Marie Colvin’s Private War“ inszenierte Heineman als nüchtern erzähltes Biopic ohne dramatische Musikuntermalung. Der Film folgt Marie Colvin in den Irak, nach Sri Lanka und Syrien. Der Dokumentarfilmer setzt nicht als große Schlachten, sondern beschränkt sich auf kurze Momente des persönlichen Schicksals. Immer wieder setzt er dabei den Tod der Journalistin in Homs im Jahr 2012 als Zeitmarke. Ein gelungenes Psychogramm einer Frau, die mit sich selbst kämpft. Sie hasse es, in Kriegsgebieten zu sein, aber sie müsse es mit eigenen Augen sehen, hatte Colvin gesagt und zeigt damit ihre innere Widersprüchlichkeit. Der Film kommt jetzt mit der eindrucksvollen preisgekrönten Doku "Under the Wire", die über Colvin gedreht wurde, auf den Markt.

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(c) Magazin Frankfurt, 2020