UNESCO-Weltkulturerbe in Tschechien

Nachtleben in Brünn

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Noch immer warten weite Teile Tschechiens darauf, von deutschen Urlaubern entdeckt zu werden. Seit Ostern 2022 hat sich zwar die Anzahl an Touristen aus Deutschland, das neben Polen und der Slowakei zu den wichtigsten Quellmarkt des Landes gehört, normalisiert, doch spürt man deutlich, dass viele Asiaten aus China und Japan wegen der Pandemiefolgen und dem Krieg in der nahen Ukraine ausbleiben.

Das hat durchaus Vorteile, denn in den letzten Jahren war in Hotspots wie Prag Overtourism spürbar. Statt auf Party-Tourismus, möchte man aber in der Hauptstadt Tschechiens lieber Kultur, modernes Design und Geschichte vermarkten.

Neben Prag liegt dabei der Fokus auch auf anderen Städten, die bislang für viele deutsche Gäste noch ziemlich unbekannt waren. Zum Beispiel bietet das hippe Brünn, Tschechiens zweitgrößte Stadt, mit ihren vielen Studenten gerade für jüngere Gäste eine sehr spannende Bar-Szene. Auch zahlreiche junge Deutsche zieht es inzwischen wieder nach Brünn. Das war nicht immer so. Als Deutschland 1945 den Krieg verlor, übten die Tschechien, die schon vor dem Krieg das Sudetenland besetzten und 1939 das restliche Tschechien zum Reichsprotektorat Böhmen und Mähren erklärten und unterjochten. blutige Rache an der deutschen Bevölkerung der Stadt, die auf dem leidvollen Brünner Todesmarsch brutal vertrieben oder gelyncht worden. Rund 6.000 der einst 30.000 deutschen Bewohner Brünns fanden dabei den Tod.

Traditionell ist der Ruf der tschechischen Kurorte. Seit 2021 gehören auch sie zum UNESCO-Weltkulturerbe und schafften es neben dem sehr konservativen älteren Publikum auch junge Familien für sich zu gewinnen, die den Orten einen neuen Charme verleihen.


Festung Spielberg

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Ein Bummel durch Brünn

Wir haben in diesem Herbst die Gelegenheit genutzt, das reiche kulturelle und gastronomische Erbe Südmährens und Ostböhmens kennenzulernen und sind mit dem Zug ins bereits erwähnte quirlige Brünn gereist. Die Stadt ist gut mit dem Zug oder PKW via Wien oder Dresden zu erreichen. Von Wien aus sind es in die sympathische Stadt schon seit knapp zwei Stunden, ab Dresden gut doppelt so lang. Der Ort bietet sich damit als ideales Ziel für eine kurze Städtereise an.

Fasziniert hat uns das gemütliche und ausgesprochen authentische Flair der Stadt, die das Lebensgefühl des Fin de Siècle gut widerspiegelt. Mit zahlreichen Häusern vom Übergang vom 19. zum 20. Jahrhundert hat die Stadt auch etwas von Wien und man spürt deutlich die Nähe zur österreichischen Hauptstadt, deren Kaiser einst auch hier geherrscht haben.

Oberhalb der Stadt liegt Brünns Wahrzeichen, die Festung Špilberk. Vom Zentrum aus ist es nur ein kurzer Spaziergang bergauf, der belohnt wird durch einen wundervollen Blick auf die Stadt und die Umgebung. Im 17. Jahrhundert wurde die alte gotische Festung aus dem 13. Jahrhundert zu einem der gefürchtetsten Gefängnisse der K&K-Monarchie. Noch heute kann man aus dem mächtigen Barockbau hinabsteigen in die Kasematten und das alte Gefängnis, das der Volksmund einst „Kerker Europas“ nannte und in dem Schwerverbrecher und Staatsfeinde in Ketten an der Wand von Einzelzellen inhaftiert, dahinvegetierten. Auch Franz von der Trenck saß hier ein. Der widersprüchliche Charakter des preußischen Freiherrs zeigte er als Abenteurer, Gewaltmensch, habsüchtiger Profiteur einerseits du als Bildungsbürger mit musikalischem Talent und erstklassigen Sprachkenntnissen, kühner Soldat, der seine Taktik blitzschnell der Situation auf dem Schlachtfeld anpasste und Freund der englischen Literatur. Karl May schrieb über ihn und sein Ganovenheer, Hans Albers spielte ihn als Anführer eines von Maria Theresia ermunterten gefürchteten Pandurenkorps. Maria Theresia war es auch, die ihn später statt zum Tod zu kurzer lebenslanger Haft im Kerker der Festung begnadigte. Seit 1749 ruhen seine Gebeine in der sehenswerten Brünner Kapuzinergruft, in der rund 70 mumifizierte Leichname liegen.

Erst die verheerende Drei-Kaiser-Schlacht im nahen Austerlitz, das durch Napoleons souveränen Sieg über das Heer Österreichs und des russischen Zaren, in Frankreich populärer ist als in der Region, fiel die Festung Ende 1805 kampflos in die Hände des kleinen Korsen. Bevor seine Truppen die Stadt verließen, zerstörten sie einen Großteil der Festung, so dass am Ende nur noch das Staatsgefängnis übrigblieb. Heute beherbergt die Anlage mehrere Museen und im Sommer kann man im Innenhof Konzerte besuchen.

Von der Festung hat man auch einen schönen Blick hinab in die Ebene auf das Stift St. Thomas, die weltweit einzige Abtei der Augustiner. Dessen einstigen Abt Gregor Mendel, dessen 200. Geburtstag nicht nur die Deutsche Post in diesem Jahr eine Briefmarke widmet, wird an seinem langjährigen Wirkungsort ein eigener Rundgang durch die Stadt gewidmet.

Er war nicht nur ein treuer Kirchenmann, sondern auch Entdecker der nach ihm benannten Vererbungsregeln, die er durch Kreuzungs-Versuche an der Erbse im Klostergarten verifizierte. Zu seinen Lebzeiten blieb er selbst in Fachkreisen meist unverstanden. Erst 1900, lange nach seinem Tod, bestätigten die Wissenschaftler übereinstimmende Resultate ihrer Forschung. Wer sich eingehender mit dem Vater der Genetik beschäftigen möchte, sollte einen Besuch des Mendel-Museums am gleichnamigen Platz einplanen.

Wichtigste Kirche der Stadt ist die oberhalb der Altstadt liegende Kathedrale St. Peter und Paul auf dem Petrov-Hügel. Eine Besonderheit ist das Mittagsläuten. Das findet hier nicht um 12 Uhr, sondern schon eine Stunde früher um 11 Uhr statt. Der Grund soll eine alte Legende sein, nach der im August 1645, als die Schweden im Dreißigjährigen Krieg mit großem Heer belagerten, versprochen haben sollen, diese Belagerung am 15. August zur Mittagszeit abzubrechen, wenn sie bis dahin erfolglos blieben. Als es eng wurde, entschieden die gewitzten Brünner schon um 11 Uhr von den durch Kanonenkugeln zerstörten Türmen zu läuten. Glück für Brünn, den so eroberten die Schweden Olmütz und Brünn konnte sich zur Metropole Mährens entwickeln.

Abends kommen Feierlustige an einem Besuch des St.-Jakobs-Kirchplatz nicht vorbei, denn rund um die Kirche liegen jede Menge gemütlicher und sehr gut besuchter Kneipen und Bars. In der Kneipe Výčep Na Stojáka bekommt man jede Menge toller Biere aus kleineren und Mikrobrauereien. Tagsüber kann man hinuntersteigen in eines der größten Knochenhäuser des Landes, in dem Unmengen menschlicher Knochen und Schädel aufgeschichtet wurden.

Im Mährischen Landesmuseum am Krautmarkt kann man viel über die Geschichte der Region erfahren. Hier, im historischen Zentrum der Stadt steht auch der von Johann Bernhard Fischer von Erlach entworfene Parnassbrunnen, einer der schönsten Barockkunstwerke Brünns. Rund um den Brunner findet täglich außer am Sonntag der Markt statt, im Untergrund kann man ein altes Labyrinth an Kellern und Gängen erkunden. Auf der Seite liegt das Theater, vor dem eine moderne Skulptur an Mozart erinnert, der dort als 11-jähriger ein Konzert gab. Nur ein paar Meter sind es von hier zum Alten Rathaus. Vom Turm hat man einen schönen Blick über die Altstadt, im Durchgang hängt das Krokodil oder Brünner Drachen. Nach einer Legende lebte es in der Nähe der Stadt und versetzte die Bürger in Angst und Schrecken. Ein gewitzter Ritter wickelte ungelöschten Kalk in eine Kuhhaut und legte es als Köder aus. Als der Drache den Köder verschlang und etwas trank platzte er und war erlegt. Wahrscheinlich war es aber eher ein Geschenk des ungarischen Königs Matthias Corvinus an die mährischen Stände. Auch der schöne Innenhof mit seinen Renaissancearkaden ist sehenswert und das Eingangsportal mit seiner schiefen mittleren Fiale, die, der Legende nach, den Ärger des beauftragten Meister Pilgrams wegen der mangelhaften Zahlung deutlich machen sollte.

Villa Tugendhat

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UNESCO Weltkulturerbe Die Villa Tugendhat

Um zum größten touristischen Anziehungspunkt für Gäste aus aller Welt zu gelangen, sollte man rechtzeitig im Vorfeld Karten für die erweiterte Führung buchen und muss das Zentrum nach Nordosten in Richtung des feinen Stadtviertels Cerna Pole verlassen. Einmal in der Woche gibt es auch eine Führung in deutscher Sprache. Die Villa Tugendhat gilt als das bedeutendste europäische Bauwerk des Architekten Ludwig Mies van der Rohe. 2001 erfolgte dann der verdiente Eintrag ins Weltkulturerbeverzeichnis der UNESCO. Den Auftrag gab in den Jahren 1929-1930 das frischvermählte Ehepaar Fritz und Grete Tugendhat. Es sollte das Wohnhaus für die beiden jungen Leute aus reichen Textilfabrikanten-Familien werden. Tuchfabriken hatten zum Reichtum der Stadt beigetragen, die ihr den Beinamen „Österreichisches Manchester“ beitrugen. Als Architekt der Villa hatten die Tugendhats bereits renommierten Ludwig Mies van der Rohe erkoren, der 1928 erstmals nach Brünn kam, begeistert von der Lage mit unverbaubarer Aussicht auf die Stadt, Burg Spielberg und den Dom war und kurz vor Jahresende 1930, den fertigen Bau an die Tugendhats übergeben konnte.

Das freistehende dreistöckige Haus auf abfallendem Gelände beherbergt in der ersten Etage – dem Untergeschoss –die Bewirtschaftungsräume. Im ersten Obergeschoss liegen der zentrale Wohn- und Gesellschaftsraum mit Wintergarten, Küche mit Nebenräumen und Zimmer fürs Personal. Im obersten Stockwerk der Haupteingang von der Straße mit halbrunder Milchglaswand, die Zimmer der Eltern, der Kinder und des Kindermädchens und eine großflächige Terrasse.

Ein Stahlskelett ohne tragende Wände bildet das Gerüst rund um das zentrale Hauptgeschoss. Nach Osten und Süde hat es eine Vollverglasung, die eine raffinierte Lichtführung ermöglicht und zulässt Innen- und Außenraum zu verbinden.

Eindrucksvoll sind zwei raumhohe Fenster, die man vollständig im Boden versenken kann. Die einzelnen Bereiche der Wohnhalle werden durch eine Trennwand aus honiggelbem Onyx getrennt, die aus dem Marokkanischen Atlas stammt. Eine halbrunde Wand aus Ebenholz stellt einen weiteren schönen Akzent für die Trennung.

Man merkt bei der Bauplanung, dass van der Rohe viel finanziellen Spielraum hatte. Den Wohnraum dominiert eine repräsentative Sitzgruppe mit Ausblick in den Garten. Hinter dem Ebenholz liegt der Speiseraum. Hinter der Onyxwand ein Arbeitsbereich mit Bibliothek und der Wintergarten. Schon damals gönnte man sich eine Klimaanlage, die Beheizung, Belüftung und Luftbefeuchtung unter Einhaltung hoher hygienischer Standards kombinierte, die Fenster mit elektromotorischer Bedienung und die Fotozelle am Eingang zeugen von der für ihre Zeit außerordentlichen Haustechnik.

Auch die Innenausstattung stammt vom Architekten und seinem Team. Meist Stühle aus Rohr- und Bandstahl und edle Holzarten. Die meisten Stahlmöbel stammten aus Berlin, die eingebauten Stücke fertigte eine Brünner Firma. Lange konnte sich die jüdische Familie nicht an ihrem schönen Haus erfreuen, doch zumindest gelang ihnen 1938 das Exil in der Schweiz und ab 1941 in Venezuela. Sohn Ernst gilt als einer der wichtigsten Vertreter der analytischen Philosophie und lebt seit 1949 in Freiburg im Breisgau. Seine Schwester Daniela setzte sich als angesehene österreichische Kunsthistorikerin maßgeblich für den Erhalt und die Restaurierung der Villa in den Jahren von 2007 bis 2012 ein. Schon 1992 unterzeichnete man im Haus der Vertrag über die Teilung der Tschechoslowakei. Ein Vierteljahrhundert später nutzte man die inzwischen sorgsam restaurierte Villa als Drehort für Hannibal Rising – Wie alles begann.

Nachtleben in Brünn

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Schöne Boutique Hotels in Brünn

Als Unterkunft können wir das 4-Sterne-Haus Royal Ricc im Zentrum der Altstadt empfehlen, das einstige Wohnhaus des Künstlers Francesco Carnevale, dass man in ein angenehmes Boutique-Hotel mit gutem Restaurant umgewandelt hat, in dem man in Zimmern mit historisch bemalten Holzdecken nächtigen kann. Wer etwas erleben möchte, sollte schon frühzeitig eines der zehn Zimmer im Anybody Hotel anfragen. Jedes davon ist ein Erlebnis für sich und wurde von den Top-Filmen der 1960er inspiriert. Mit den passenden Requisiten werden die Gäste dort nach dem Bezug der Zimmer direkt über Tablet in das Rollenspiel einbezogen. Lassen Sie sich überraschen.

Wenn Sie Lust auf einen Cocktail verspüren, raten wir zum Besuch der Bar Ktery Neexistjuje, die Bar, die es nicht gibt. Die legendäre Bar im New Yorker Stil bietet unverwechselbare Signature-Cocktails, maßgeschneiderte Getränke, saftige Burger und Hunderte einzigartiger Flaschen Wein und Spirituosen vom Boden bis zur Decke. Auch dort versucht man seit der Eröffnung vor zehn Jahren jeden Besuch zu einem kleinen Urlaub und einem unvergesslichen Barerlebnis zu machen. Das gelingt! Lassen Sie sich ruhig von den erfahrenen Barkeepern überraschen.

St. Prolop Basilika Trebic

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Jüdisches Erbe in Trébic

Am nächsten Tag geht es von Brünn rund eine Stunde nach Westen. Unser Ziel ist Trébic im Böhmisch-Mährischen Hochland. Im Jahr 2003 hat man die romanisch-gotische St.-Prokop-Basilika in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen. Sie ist der Rest des einstigen Klosters Mariä Himmelfahrt, das zu Beginn des 12. Jahrhunderts von den Benediktinern gegründet wurde, reiche Schenkungen erhielt und Mitte des 13. Jahrhunderts die lange dreischiffige Basilika mit Rosettenfenstern und ein in der Vorhalle verborgenes Säulenportal erhielt. Mit fast 100 m Länge zählte sie damals zu den größten Kirchen Europas und erlebte in den Jahrhunderten schwere Zeiten. Die Hussiten zerstörten sie zum Teil, die Benediktiner verarmten und an einer Renovierung war lange nicht zu denken. Das Kloster wich einem Palast und auch der Dreißigjährige Krieg hinterließ Spuren, die erst im 18. Jh. behoben wurden, aber den ursprünglichen Stil der Kirche originalgetreu erhielten. Lohnend ist der Besuch der großen romanischen Krypta mit ihren Säulen und den schönen einzigartigen Kapitellen. Die Kirche gehört zu den Highlights der romanisch-gotischen Architektur in Tschechien.

Nur ein paar Meter den Hügel hinab sind es ins Jüdische Viertel von Trébic, dass 2003 nach umfangreicher Restaurierung ebenfalls zum UNESCO-Weltkulturerbe ernannt wurde. Damals war es darin neben drei Welterbestätten in Israel das einzige jüdische Denkmal, 2021 kam mit den SchUM-Stätten Speyer, Worms und Mainz ein weiteres hinzu. 1338 wurde das Judenviertel der Stadt erstmals erwähnt. Juden kamen als Handwerker in den Ort, durften aber bis 1618 nur als Gerber, Händler und Geldverleiher tätig sein oder Alkohol herstellen. Noch rigoroser und diskriminierender waren die 1726 vom habsburgischen Kaiser Karl VI. erlassenen Familiantengesetze, die zahlreiche Juden in die Emigration trieb und noch bis lange ins 19. Jahrhundert galt. Trotz allem entwickelte sich das Viertel von Trébic in dieser Zeit zum größten mährischen Judenghetto mit 1170 Bewohnern. Das Ende der Diskriminierung und die Zuerkennung der vollen Bürgerrechte 1848 mit er Erlaubnis den Wohnsitz frei zu wählen, führte zu einem Exodus vieler Einwohner des Viertels in die Städte Wien, Prag und Brünn. Die so freigewordenen Häuser fanden bei den Christen des Orts schnell Abnehmer und aus dem ehemaligen Ghetto wurde ein Arbeiterviertel.

Die Shoa mit Vertreibung und systematischer Ermordung der Juden führte dazu, dass ein Jahrhundert später von den 281 verbliebenen Juden Trébics nur 10 überlebten. Die meisten gingen in die USA und nach Israel. Heute lebt kein einziger Jude in der Stadt, da helfen auch UNESCO-Auszeichnungen nicht. Seine Erhaltung verdankt das Ghetto, ebenso wie viele alte Bauten in der ehemaligen DDR den fehlenden Mitteln für Neubauten. Aufwändig restauriert kam das Viertel so später auf die Liste des UNESCO-Welterbes. Gleich am Eingang des Viertels sieht man ein gut erhaltenes Haus mit Laubengang, dessen alter Kern noch aus der Renaissance stammt. Gleich daneben lag einst das Tor, mit dem das Ghetto bis 1873 nachts und an Sonn- und Feiertagen verschlossen wurde. Neben dem einstigen Rathaus liegt die so genannte Vordere Synagoge, die Platz für knapp 200 Betende bot. Seit 1954 nutzt sie die Hussitische Kirche für ihre Gottesdienste. Gleich anschließend wohnte der Rabbi in einem Barockhaus.

Einen Besuch lohnt die 1669 errichtete Hintere Synagoge mit ihren wuchtigen Mauern und Stützpfeilern, deren Inneres mit Wandgemälden aus dem 18. Jahrhundert verziert ist. Heute dient sie als Museum. Zur oben gelegenen Frauengalerie mussten die Gläubigen durch ein benachbartes Wohnhaus klettern, dessen Besitzer den Frauen vertraglich Zugang gewähren musste. Im benachbarten Haus zeigt der für die Restaurierung zuständige Fond Einrichtung und Szenen aus dem Leben der einstigen Bewohner. Ein anderer wichtiger Grund für die Aufnahme Trébics in die UNESCO-Liste ist der Jüdische Friedhof, der neben Prag und Mikulov einer der größten in Tschechien ist. Mehr als 2.600 Grabsteine erinnern an die hier beerdigten 11.000 Menschen. Die frühsten Grabstätten stammen aus dem 15. Jahrhundert, doch der älteste Grabstein mit lesbarer Inschrift erinnert an einen Verschiedenen des Jahres 1625. Die nötige Restaurierung hat seit Anfang der 1990er Jahre ein Kredit des amerikanischen Housing Guarantee Fond ermöglicht.

Auch in Trébic wüteten die Hussitenkriege gegen die von der katholischen Kirche als Häretiker verfolgten Anhänger des böhmischen Reformators Jan Hus. 1468 eroberte der Ungar Matthias Corvinus den Ort. Der Fluss Jihlava (Igel) trennt das nördliche gelegene Ghetto vom südlichen Christenviertel mit dem schönen Marktplatz.

Wallfahrtskirche St. Jan Nepomucky Zelená hora

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ár und die Wallfahrtskirche Zelená Hora

Wallfahrtskirche St. Jan Nepomucky Zelená hora

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Das nächste Ziel liegt eine Stunde nördlich. Das ehemalige bedeutende Zisterzienserkloster und während der Josephinischen Reformen zum Schloss umgewandelte Žďár liegt südlich der stark bewaldeten Saarer Berge, die einen Teil der Wasserscheide zwischen Elbe und Donau bilden. Bis ins 20. Jahrhundert wechselten die Besitzer einige Male, bis es vor gut 100 Jahren die böhmische Adelsfamilie der Grafen Kinsky übernahm, die es 1991 nach der Wende wiederbekamen und sich für die Restaurierung stark machen. Man kann im Turm, der alten Kirche und den ehemaligen Stallungen heute eine angenehme Unterkunft finden. Das Frühstück fällt allerdings recht spartanisch aus.

Heute leiten die Brüder Constantin und Charles Nikolas Kinsky das Schloss und seine Aktivitäten. Constantin Kinský hat in der Anlage ein sehenswertes interaktives New Generation Museum aufgebaut, dass seinen Schwerpunkt auf dem Barock und die Zeit, als das Kloster errichtet wurde, legt. Seine Frau Marie, eine französische Tänzerin und Choreographin, holt den Tanz in die mährische Provinz.

Der Hauptgrund unseres Besuchs ist allerdings nicht das ehemalige Kloster mit seinem Museum, sondern die hinter dem benachbarten großen Teich oberhalb auf einem kahlen Hügel liegende Wallfahrtskirche Zelená Hora, die dem Heiligen Johannes von Nepomuk geweiht ist. Sie fand bereits 1994 Aufnahme in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes. Entstanden ist der Bau zur Förderung der Verehrung des namensgebenden Heiligen aus dem 14. Jahrhundert. Der auch als Brückenheiliger sehr populäre böhmische Geistliche erlitt im Rahmen der Auseinandersetzungen zum Großen Abendländischen Schismas quasi als Bauernopfer zwischen die politischen Parteien und wurde in Prag von der Karlsbrücke in die Moldau gestürzt und ertränkt.

Schon vor der Heiligsprechung im Jahr 1729 ließ der Abt des Klosters die Wallfahrtskirche errichten. Im Rahmen des Kanonisationsprozesses hatte man das Grab Johannes von Nepomuks im Veitsdom untersucht und in dem Skelett eine angeblich unverweste Zunge gefunden haben. Anfangs nannte man sie Černý les (Schwarzer Wald) oder Strmá hora, dann nach dem „Zelená hora“ (Grüner Berg) seiner Heimatstadt. Weithin sichtbar thront die Kirche aus dem einst dicht bewaldeten und dann gerodeten Hügel. Als sie zur Auflösung des Klosters ausbrannte diente sie profanen Zwecken und sollte eigentlich abgerissen werden. Nur der Protest der Gläubigen verhinderte dies und sorgte im 20. Jahrhundert für den Wiederaufbau.

Die Anlage verbindet gotische und barocke Elemente, die man in dieser Form nirgendwo sonst in Europa findet. Der Architekt Johann Blasius Santini-Aichl hatte die zentrale Kirche und den äußeren Umfassungsring als Einheit errichtet. Als Grundform hatte er den Kreis gewählt, wobei immer wieder die Ziffer Fünf auftaucht, als Anspielung auf fünf Sterne, die - der Legende nach – bei der Auffindung den Leichnam des Märtyrers in der Moldau umgaben. So wechseln sich fünf Kapellen mit dreieckigem Grundriss mit fünf Kapellen in Form eines Ovals ab, und es gibt fünf Zugänge zur Anlage. Eine Kuppel mit Lünetten überwölbt die sehr farbenfroh gestaltete Kirche und wird von zehn Pfeilern getragen.

Freiluftmuseum Veselư Kopec – Lustiger Hügel

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Alte Fastnachtstraditionen im Freilichtmuseum

Von Saar, so der Ortsname auf Deutsch, geht es weiter durch die Saarer Berge nach Norden, wo wir bald die Grenze zum böhmischen Teil Tschechiens überqueren, ins benachbarte schöne wanderbare Eisengebirge. Veselý Kopec – Lustiger Hügel – ist der Name des sehenswerten Freilichtmuseums mit Holzhäusern der vergangenen Jahrhunderte. Das Museum nahe der ostböhmischen Stadt Hlinsko präsentiert schon seit Jahrzehnten 30 gut erhaltene Häuser im Stil der Volksarchitektur. Je nach Jahreszeit leben dort alte Traditionen der Region wieder auf, wie die als immaterielles UNESCO-Kulturerbe eingetragenen Fastnachtsbräuche, bei denen rote und schwarte, hässliche und schöne Masken sich abwechseln, die alle eine besondere Bedeutung haben und ihren Platz einnehmen, über den man sich in einem der Häuser informieren kann. Der Festumzug besucht jedes Haus im Dorf und fragt für einen Schnaps und etwas zu essen nach dem gewünschten Lied. Auch in der Vorweihnachtszeit kann man dort alte traditionelle Bräuche erleben. Im Blockhaus Hospoda Na Vejmenku kann man in der urigen Atmosphäre eines Gasthauses aus dem 19. Jahrhundert kühle Getränke und lokale Küche vom Grill genießen.

Schloss Litomysl

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Zauberhaftes Litomy l

Vom Freilichtmuseum geht es weiter durch die Ausläufer des Eisengebirges nach Osten in die Heimatstadt des wichtigen Komponisten Bedřich Smetana: Litomyšl. Der junge Bedrich kam hier 1824 als elftes Kind seiner Familie in der Schlossbrauerei gegenüber des Renaissanceschlosses zur Welt. Sein Vater war Bierbrauer und Bedřich hatte seinen ersten Auftritt als Pianist im mit seinen Requisiten aus dem 18. Jahrhundert sehenswerten Schloss-Theater. Später wurde aus ihm der weltbekannte Komponist, Dirigent und Klaviervirtuose. Seine Heimatstadt ehrt ihn seit 1949 im Sommer mit dem größten tschechischen Klassikfestival.

Entstanden ist das Schloss vermutlich aus einer alten Burg in der zweiten Hälfte des 1. Jahrhunderts, als der neue Besitzer, der böhmische Oberstkanzler Vratislav von Pernstein, die Italiener Giovanni Battista und Ulrico Aostalli mit dem repräsentativen Bau beauftragte. Seine Frau Maria Manrique de Lara war Spanierin und mit dem Neubau konnte er ihr Heimweh etwas legen. Von den rund 8000 Sgraffitobriefchen, welche die Fassade zieren, wiederholt sich kein einziges. Später ging das Schloss in den Besitz der Adelsfamilie Trauttmansdorff über, mit denen die meisten wohl den traumhaften Garten rund um das Schloss bei Meran verbinden, in dem später Kaiserin Sisi schöne Tage verleben durfte. Die Trauttmansdorff ließen das Schloss durch Franz Maximilian Kaňka im Stil des klassizistischen Barocks umgestalten, bevor sie es an die Grafen Waldstein verkauften, die den Einbau des Schlosstheaters veranlassten. Letzte Besitzer waren ab Mitte des 19. Jahrhunderts die Fürsten von Thurn und Taxis. Sissis Schwester Nèné, die nach der Hochzeit ihrer Schwester mit dem Kaiser Franz Joseph den reichen Erbprinzen Maximilian Anton von Thurn und Taxis heiratete, wurde durch dessen frühen Tod zum Oberhaupt des Hauses und auch die Habsburger weilten gelegentlich im komfortablen Schloss.

Der prächtigen Kronleuchter im beeindruckenden Audienzsaal ist übrigens jüngeren Datums. Er kam in den 1980er Jahren als Geschenk des US-amerikanisch-tschechischen Regisseurs Milos Forman ins Schloss, nachdem er seine Schuldigkeit als Requisit in seinem Mozart-Film Amadeus erledigt hatte.

Beim Besuch im Keller des Schlosses kann man zahlreiche Skulpturen des tschechischen Bildhauers Olbram Zoubek und eine Vinothek besichtigen, die Weine aus Tschechien anbietet.

In der Schlossbrauerei kann man die Wohnung sehen, in der Smetana geboren wurde. Man hat sie in ein kleines Museum verwandelt. Nebenan liegt die Kirche Auffindung des heiligen Kreuzes der Piaristen. Man hatte den meist im Schuldienst tätigen Orden schon 1640 in die Stadt gerufen. Die Kirche lies Graf Trauttmansdorff nach Plänen von Giovanni Battista Alliprandi errichten. Die diente erst seiner Familie und später den Waldsteins auch als Grablege. Neben dem von ihnen gegründeten Gymnasium und dem Philosophischen Seminar förderten die Ordensbrüder auch das örtliche Theater- und Musikleben und trugen bis in die Neuzeit zu Litomyšls geistiger und kultureller Entwicklung bei. Als sie die Stadt 1948 verlassen mussten, verfiel die Kirche, wurde dann aber ab den 90er Jahren sehr schön renoviert. Heute finden darin auch Konzerte im Rahmen des Smetana-Festivals statt.

Mittelpunkt der Stadt ist der langgestreckte von schönen Bürgerhäusern aus Renaissance und Barock umgebene Marktplatz mit seinen Lauben und Giebeln. Besonders prächtig ist das Haus Zu den Rittern geschmückt. Das Rathaus wurde 1418 errichtet und später umgestaltet und am Westende erinnert ein Denkmal an Bedřich Smetana, den bekanntesten Sohn der Stadt.

Die beste Adresse für eine komfortable Übernachtung ist das Hotel Aplaus direkt unterhalb des Klostergartens der Piaristenkirche. 21 Zimmer und ein gutes Restaurant hat man dort in drei denkmalgeschützte 500 Jahre alte Bürgerhäuser untergebracht.


Altkladruper Schimmel

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Chrudim Spannende Marionetten

Altkladruber Schimmel, Kladruby nad Labem

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Nach einer erholsamen Nacht, einem guten Frühstück und einen morgendlichen Bummel über den nahen Markt geht es weiter ins Tal der Elbe nach Pardubitz. Doch zuvor machen wir einen Abstecher in die Kleinstadt Chrudim, einer alten Königsstadt. Gleich bei der Fahrt hinauf in zum Marktplatz erinnert ein Denkmal an Josef Ressel. Nur wenige Fachleuten dürfte der Name des Erfinders der Schiffsschraube bekannt sein, denn anders als der geschäftstüchtige Edison, der seine Erfindungen sofort und professionell patentieren ließ, brachte Ressel den Schiffspropeller zwar zur technischen Reife, hatte aber mit der französischen Firma, die seine Arbeit ausführte, keinen Vertrag über deren Verwertung geschlossen und auch als britische Entwickler seine Erfindung nutzten, blieb Ressel draußen vor und blieb weiterhin Forstbeamter.

Gegenüber der Pfarrkirche am zentralen Marktplatz zieht das Alte barocke Rathaus mit dem Stadtwappen mit dem Habsburgischen Doppeladler die Blicke an. Hinter der prächtigen Pestsäule liegt dort das aus der Renaissance stammenden Mydlář-Haus mit seinem reichen Figurenschmuck und der Laube das lohende Marionettenmuseum. In der Dauerausstellung „Die magische Welt der Puppen“ und wechselnden Ausstellungen voller Marionetten und Bühnendekorationen erhalten Besucher einen Einblick in die magische Welt der Marionetten. Nicht nur aus Tschechien. Marionetten, Stab- und Handpuppen aus aller Welt geben sich dort ein Rendezvous und im Museumspielzimmer kann jeder selbst ausprobieren, wie man mit Marionetten spielt und ob es etwas als eigenes Hobby ist. Auch Spejbl und Hurvínek, die vom Holzschnitzer Karel Nosek gefertigten beiden berühmtesten Marionetten des tschechischen Puppenspielers Josef Skupa sind dort vertreten. Weltweit bekannt sind sie durch die weltweiten Tourneen des gleichnamigen Prager Marionettentheaters durch 31 Länder. Besonders in der DDR waren die Gastspiele sehr beliebt. Noch bis Mai 2024 feiert man mit der Sonderausstellung „Alles Gute!“ den 50. Geburtstag des Museums im Jahr 2022. Unter den dort gezeigten zweihundert Exponaten aus vielen Ländern der Welt finden Sie Jim Hensons berühmte Muppets und Schattenpuppen aus dem Pariser Kabarett Le Chat Noir.

Die nächste Station der Reise führt an die Elbe, zu einer weiteren Station auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes, Kladruby nad Labem, wo man nicht nur eines der weltweit ersten Gestüte, sondern die gesamte umgebende Kulturlandschaft mit den umliegenden Weiden, künstlich gebauten Wasserkanäle und Alleen seit 2019 ehrt, da die Landschaft an der Elbe eine hervorragende Kombination aus Natur und menschengeschaffenen vorindustriellem Erbe darstellt. Hier werden seit 1579, als Kaiser Rudolf II. die ersten Pferde aus Spanien brachte, in einer spezialisierten Zucht besonders repräsentative, zeremoniellen Pferde gezüchtet: die Altkladruber Schimmel, eine weltweit einzigartigen Barockpferde, die es in keinem anderen Gestüt gibt und die nicht nur vor den Kutschen der Habsburger noch immer bei den Königshäusern der Welt beliebt sind.

Bei der Besichtigung der Pferdeställe mit ihren rund 400 Schimmeln und 300 Rappen fällt auf, dass auch hier die Moderne Einzug gehalten hat. Waren es früher ausschließlich Jungen, die dort zu Pferdewirten ausgebildet wurden, ist heute gerade noch ein junger Mann der Rest in einer Schar junger Frauen, die sich sehr gewissenhaft der anspruchsvollen Pflege und Aufzucht der prächtigen Hengste und Stuten widmen, die mit einer Widerristhöhe von 180 cm nach den Shire Horses zu den größten Pferden der Welt gehören. Die dort gezogenen Pferde haben meist einen deutlich längeren Stammbaum als die heutigen Besucher des Gestüts und lassen sich über 20 Generationen oder 200 Jahre noch immer meist mühelos nachvollziehen. In der Kutschenremise stehen die alten Prachtkutschen und die Sattelkammer des Museums der Kladruber Pferdezucht zeigt, wie akkurat man die Accessoires behütet hat. Zwar bekommt man sicher auch durch den Kutschenfahrtsimulator einen kleinen Eindruck, doch er kann keine echte Kutschfahrt durch die Alleen und über die Weiden ersetzen, die allerdings – wie die Pferdevorführungen - mit einem Preis ab 280 Euro für die ¾-Stunde kein ganz preiswertes Vergnügen ist.

Pardubice

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Pardubice die Stadt der Lebkuchen

Auch die nahe Industriestadt Pardubice ist eine Pferdestadt und ein Schimmel ziert das Stadtwappen. Nicht nur Pferdeliebhaber lockt die Velká Pardubická oder Steeplechase in die Stadt im Elbe-Tiefland. Das traditionelle Pferderennen über knapp sieben Kilometer gilt seit fast 150 Jahren als eines der weltweit härtesten Hindernisrennen und findet stets am zweiten Sonntag im Oktober statt. Der Parcours ist berüchtigt für die gewaltigen Hindernisse und zahlreichen Stütze, die immer nur einem kleinen Teil der startenden Pferde überhaupt das Ziel regelkonform erreichen lassen. 2022 schaffte mit Mr. Spex ein deutscher Hengst als Sieger den Parcours in 9 ½ Minuten.

Wichtigstes Exportgut – besonders in Kriegszeiten wie heute – dürfte immer noch der hier hergestellte Plastiksprengstoff Semtex sein, das seinen Namen von dem Vorort Semtin erhielt, den vor auf der Fahrt durchqueren. n in Tschechien von Lebkuchen, dann denkt jeder an Pardubice. Beim Spaziergang durch die Stadt riecht es oft nach Pfefferkuchen, denn Lebkuchen gehört seit Jahrhunderten zur beliebten Delikatesse der Stadt.

Industriell wird die Lebkuchenherstellung dort seit der Wende zum 20. Jahrhundert betrieben. Verraten wollen die Pardubitzer Lebkuchenbäcker ihre besonderen Zutaten nicht. Sie gelten als streng geheim, doch ist wohl nicht zu viel verraten, dass das Original-Rezept meist aus Honig, Mehl und Pfeffer bestanden, wobei der Pfeffer ihm den Namen Pfefferkuchen verlieh, den man erst später Lebkuchen nannte. Man rühmt seine hohe Qualität in reiner Handarbeit, die ihn weder schimmeln noch vergammeln lassen. Auch nach Jahren kann man den Lebkuchen beruhigt essen, auch wenn er hart geworden ist. Man sticht den Lebkuchen mit unterschiedlichen Förmchen aus, auch wenn die Herzform und runde Lebkuchen sehr beliebt sind.

Im Herz der Stadt lockt der zentrale Hauptplatz Perštýnské náměstí, der von farbenfrohen Renaissancehäusern gesäumt wird. Einen schönen Überblick bietet die Aussichtsgalerie des Grünen Tors. Das nahe Renaissanceschloss zieren in seinen Räumen alte Renaissance-Fresken. Talentierte Handwerksmeister mehrere Epochen und Baustile haben dieses Kleinod geschaffen, das unbedingt einen Besuch lohnt.









Prag Karlsbrücke

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Zum Abschluss nach Prag?

Wer mit der Bahn angereist ist, erreicht Frankfurts Partnerstadt Prag von Pardubice in einer knappen Stunde. Tschechiens Hauptstadt war im Spätmittelalter Residenz der deutschen Kaiser und ihr historisches Zentrum breitet sich beiderseits der Moldau aus. Das Westufer dominiert der Hradschin, der Burgberg mit dem Veits-Dom und der mächtigen Prager Burg, Tschechiens größte Burg. Auf dem Burgberg lohnt neben dem gotischen Veitsdom auch das Goldene Gässchen oder die Alchemisten Gasse zieht sich dort entlang der Innenmauer der Burg. Kaiser Rudolf II. hatte dort Alchimisten angesiedelt, die für ihn künstliches Gold und den Stein der Weisen erzeugen sollten. Auch dies ein hoffnungsloser Versuch. Kafka lebte dort einige Zeit in einem der kleinen Häuschen aus Gotik und Renaissance.

Man erreicht den Hradschin - mit zauberhaften Blicken über die Stadt - über eine der beiden Schlosstreppen, die ihn mit der Malá Strana oder Kleinseite verbinden, auf der sich zahlreiche Adelspaläste und Gärten am Ufer entlang ziehen. Einer der prächtigsten davon ist das Palais Lobkowitz. Die böhmische Adelsfamilie hatte zwei Palais am Westufer. Ihr Palais auf der Burg erhielt die Adelsfamilie nach dem Ende der kommunistischen Herrschaft im Jahr 2002 wieder zurück. Es beherbergt heute einen Teil ihrer umfangreichen Kunstsammlung. Im Palais Lobkowitz der Kleinseite gaben einst Beethoven und von Weber Konzerte, dann verkaufte die Familie das Palais an den Staat. Seit 1973 residiert dort die Deutsche Botschaft. Viele Ältere erinnern sich noch an den Spätsommer des Jahres 1989, als dort Tausende DDR-Bürger Zuflucht suchten und das gesamte Gelände wochenlang besetzten. Am 30. September 1989 konnte ihnen Außenminister Hans-Dietrich Genscher nach Verhandlungen mit DDR und Tschechoslowakei vom Balkon aus verkünden, dass sie in die Bundesrepublik ausreisen dürfen. Es waren die drei Wochen, die eine Umkehr der DDR-Ausreisepolitik einläuteten. Im ebenfalls prächtigen Palais Schönborn residiert seit über 100 Jahren der Botschafter der USA. Im Palais Waldstein, das Anfang des 17. Jahrhunderts Generalissimus Albrecht Wenzel Eusebius von Waldstein, der besser als Wallenstein bekannt ist, als größtes der Prager Palais mit weitläufigen Gartenanlagen errichten ließ, hat der Senat des Parlaments der Tschechischen Republik seinen Sitz.

Gegenüber liegt am rechten, östlichen Ufer die Altstadt mit der1348 gegründeten ältesten Universität Mitteleuropas. Am besten geht man über die stets von zahllosen Menschen aus aller Welt bevölkerte Karlsbrücke. Seit 1629 wurde die Brücke mit zahlreichen Heiligenfiguren geschmückt, von denen nicht nur den Besuchern Zelená Horas am bekanntesten die Bronze-Statue des heiligen Johannes von Nepomuk sein dürfte, der hier im Jahr 1393 in die Moldau gestützt und ertränkt wurde. Über die Karlsbrücke führt auch der Königsweg, die knapp vier Kilometer lange und wohl bekannteste touristische Route durch die Prager Innenstadt. Jahrhundertelang mussten die böhmischen Könige diesen Weg von ihrer königlichen Residenz in der Altstadt zur Krönung im Veitsdom zurücklegen.

Prag war unter der Regentschaft Karls IV. eines der wichtigsten politisch-kulturellen Zentren Europas. Über Jahrhunderte hinweg begegneten sich hier tschechische, deutsche und jüdische Kultur. Anders als der Name vermuten lässt, ist der Altstädter Ring ein Platz im Zentrum der Altstadt. Er ist der älteste und wichtigste Platz der Stadt und neben dem Altstädter Rathaus mit seiner weltberühmten astronomischen Uhr lohnt der Besuch der gotischen Teynkirche, in der der dänische Astronom Tycho Brahe sein Grab fand, die barocke Nikolauskirche und das Rokoko-Palais Golz-Kinsky mit der Nationalgalerie. In der Mitte des Platzes erhebt sich das monumentale Denkmal des böhmischen Reformators Jan Hus des Bildhauers Ladislav Šaloun, eines der bedeutendsten Jugendstilarbeiten der tschechischen Bildhauerei. Im alten jüdischen Stadtteil Josefov findet der Besucher mehrere Synagogen und den unbedingt lohenden Alten Jüdischen Friedhof. Auch die Prager Neustadt ist älter, als ihr Name vermuten lässt. Sie wurde Mitte des 14. Jahrhunderts von Karl IV. als eine der größten Städte Europas rund um den Karlsplatz errichtet. Der einst größte Marktplatz Europas erfreut heute als Park Bewohner und Gäste. Wichtigstes Zentrum der Neustadt ist heute der Wenzelsplatz, der eher einer Prachtstraße ähnelt und mit rund 750 m Länge zu den größten städtischen Plätzen Europas zählt.

Die damalige Tschechoslowakei war übrigens das einzige Land des kommunistischen Machtbereichs, in dem die Führung der Kommunistischen Partei unter ihrem Führer Alexander Dubcek im Frühjahr 1968 ein ernsthaftes und glaubwürdiges Liberalisierungs- und Reformprogramm umsetzen wollten, um den Sozialismus ein menschliches Antlitz zu geben. Doch diese „Prager Frühling“ währte nicht lang. Wie bereits 15 Jahre zuvor in der DDR marschierten im Sommer die von der Sowjetunion mobilisierten Truppen des Warschauer Paktes ein und schlugen diese Form der Demokratisierung gewaltsam nieder. Am 16. Januar 1969 verbrannte sich der tschechoslowakische Student Jan Palach selbst und lief in Flammen stehend vom Nationalmuseum auf den Wenzelsplatz als Protest gegen den Einmarsch und die Niederschlagung des Prager Frühlings. Heute erinnert ein Denkmal an ihn. Einen Monat später wiederholte der Student Jan Zajíc als „Fackel Nr. 2“ hier diesen öffentlichen Protest.

Vom Denkmal für die beiden Widerstandskämpfer sind es nur ein paar Meter zum Bahnhof, von dem man alle zwei Stunden in 2 ½ Stunden entlang von Moldau und Elbe Dresden erreicht. Auf dem Weg durchquert man mit der Böhmischen und dann Sächsischen Schweiz zwei Nationalparks, mit denen man sich für die Zukunft ein weiteres lohnendes Ziel auf die Reise-Agenda setzen kann.

(c) Michael Ritter

(c) Magazin Frankfurt, 2024