Gugetzer, Belgisch kochen

Ich tue mich etwas schwer damit Gabriele Gugetzers neues Buch über die belgische Küche in die Kategorie der Kochbücher einzureihen, obwohl sie darin die Rezepte einiger Besuchens werter Lokale und eigene Rezepte zusammengetragen hat, denn der Band über Pommes, Pralinen und so viel mehr präsentiert die belgischen Kultrezepte in all ihrer Vielfalt. Schon wenn man die Bücher belgischer Autoren wie Stefan Hertmans liest oder sich mit Kollegen aus dem kleinen Nachbarland unterhält, wird einem schnell klar, dass das Land trotz seiner geringen Größe durchaus massive Kulturunterschiede zwischen den einzelnen Volksgruppen aufzuweisen hat. Früher hat es darüber vermutlich noch mehr Streitigkeiten zwischen den Gruppen gegeben, aber auch heute noch spürt man, dass die drei (Sprach-)Gemeinschaften aus den drei Regionen Wallonie, Brüssel und Flandern auch kulinarisch ihre Besonderheiten bewahrt haben, die sie neben dem sprachlich-kulturellen und dem Landschaftlichen auch bei den jeweiligen Nationalküchen deutlich unterscheidet. Neben der auf Fisch und Fleisch basierenden flämischen Küche Flanderns, die immer wieder an die nahe Ostsee erinnert, sticht dabei besonders die Küche gerne auf Fisch und Meeresfrüchte zurückgreifende Küche Brüssels und der Wallonie mit Gerichten wie Moules frites oder den berühmten belgischen Waffeln und den Pommes frites hervor und im Osten des Landes, in dem die deutschsprachige Gemeinschaft lebt, sind besondere Gerichte wie die Eupener Bierwurst entstanden, die den Einfluss der Deutschen Küche verraten. Dort haben sich auch Spezialitäten aus Kleinstbrauereien etablieren können, wie das obergärige Bier Corvus, das fern ab vm deutschen Reinheitsgebot mit Koriander und getrockneten Orangenschalen verfeinert wird.

Gabriele Gugetzer lebt als freie Journalistin mit Schwerpunkt Food und Reise inzwischen wieder in ihrer Heimatstadt Hannover. Mit mehr als 30 Kochbüchern, die sie geschrieben hat und noch mehr, die sie ins Deutsche übersetzt hat, kennt sie sich gründlich mit der Materie aus. Nebenbei arbeitet sie als Lektorin für Deutsch und Englisch. Das Ausland ist ihr bestens vertraut, denn nach ihrem Magisterabschluss in Kalifornien siedelte sie nach London über, dass sie seit ihrem 14. Lebensjahr kennt und über das sie bereits drei Bücher geschrieben hat, lebte später aber auch in den deutschen Metropolen München, Köln und bis vor einiger Zeit in Hamburg.

Für ihr aktuelles Buch haben sich Gabriele Gugetzer und ihr Fotograf auf die kulinarischen Pfade quer durchs Land von Antwerpen bis zu den Ardennen, von Brügge bis Brüssel begeben. Sie zeigen, wie Belgien das Craft Bier erfunden hat, stellen feinste Pralinen und die besten Pommes Frites vor. Von den knusprigen Waffeln und dem frischen Krabben ganz zu schweigen. Hier wird geschwelgt in rustikalen Schmorbraten und sahnigen Saucen und hier hält die elegante Sterneküche durchaus mit der Frankreichs mit. Gabriele Gugetzer zeigt damit deutlich, dass es höchste Zeit für ein Kochbuch zur Küche Belgiens war. Es ist mehr als nur ein Kochbuch, denn neben den vielen Rezepte, die gekocht werden wollen enthält es auch reichlich spannende Geschichten, die erzählt werden wollen.

Gabriele Gugetzer, Belgisch kochen – Belgien. Das Kochbuch: Handgemacht. Herzhaft. Haute Cuisine. Kultrezepte und Geschichten, Christian Verlag, Hardcover, 224 Seiten, ISBN 978-3959617376, 34,99 Euro