Eckert, Das Jahr der Gier

Niemand verarbeitet aktuelle gesellschaftliche Debatten so mühelos in packende Thriller wie der ehemalige TV-Journalist und Krimiautor Horst Eckert. Auch im zweiten Teil der Melia-Reihe geht es wieder um große politische und gesellschaftliche Themen: Die Spaltung der Gesellschaft in Arm und Reich, Rechtsradikalismus und Radikalisierung sowie düstere Machenschaften innerhalb der Polizei.

Wie schon in "Die Stunde der Wut" vermischen sich auf fatale Weise Politik und Wirtschaftsinteressen und Eckert zeichnet das Panorama einer zerrissenen Gesellschaft. Hinter bürgerlichen Fassaden treibt Gier die Gewinner an. Die Wut der Verlierer entlädt sich in Gewalt. Moralische Maßstäbe verschwimmen. Und nicht immer schaffen es Vincent und Melia, an einem Strang zu ziehen.

Auch in Nachfolgeband "Das Jahr der Gier" kennt die Jagd nach Erfolg weder Grenzen noch Gnade. Von Düsseldorf nach London, über Singapur zurück nach München und bis Berlin ins Kanzleramt führt uns diese aberwitzige Tour de Force.

Melias Kurzzeitbekannter aus der Jugendzeit, der britische Journalist Oscar Ravani, wird in ihrer Heimat Düsseldorf auf offener Straße mit dem Messer angegriffen. War es ein rassistisch motiviertes Attentat? Kriminalrätin Melia Adan wird durch ihre Familie schon früh auf den Fall aufmerksam gemacht und möchte sich zusammen mit ihrem Mitarbeiter, dem Hauptkommissar Vincent Veih, die Aussagen zum Überfall noch einmal unter die Lupe nehmen.

Doch ein vermeintlicher Zeuge ist plötzlich unauffindbar und Ravani selbst schweigt. Mit seinen Recherchen zu einem großen Finanzdienstleister könnte er sich allerdings Feinde gemacht haben. Die Firma gilt als deutsches Vorzeigeunternehmen mit engen Kontakten zur Politik. Wie viel an dieser Erfolgsstory ist echt? Für ihre Ermittlungen begeben sich Vincent und Melia in eine finstere Parallelwelt von ungeahnten Ausmaßen.

Es ist wohl nicht zu viel verraten, wenn man hinter dem deutschen Vorzeigeunternehmen den in den Dax aufgestiegenen Konzern Wirecard vermutet, der mit fingierten Luftbuchungen Milliardenbeträge in geheime Taschen verschoben hat und bei dem sich der heutige Bundeskanzler aus merkwürdigen Gründen an so gut wie gar nichts Relevantes mehr erinnern kann. Da geht es dem Düsseldorfer Team genauso wie den späteren Untersuchungsausschüssen: Wie soll man in einer solch hochgradige kriminellen, mit internationalen Scheinfirmen blendenden und bis in die höchsten Stellen des Landes gut verbundene korrupten Gemengelage vernünftig ermitteln?

Horst Eckert, Das Jahr der Gier, Heyne Verlag, Broschur, 432 Seiten, ISBN 978-3-453-42637-5, 13 Euro

(c) Magazin Frankfurt, 2024