Wassmo, Der taube Himmel

1976 brachte die von den Lofoten stammende norwegische Lehrerin Herbjørg Wassmo ihren ersten Lyrikband heraus. Fünf Jahre später folgte dann mit "Das Haus mit der blinden Glasveranda" oder "Deutschenkind" ihr erster Roman. Es sollte der erste Band ihrer Tora-Trilogie werden, für die sie 1987 den Literaturpreis des Nordischen Rates erhielt und deren dritter Band jetzt auch in deutscher Übersetzung erschien. Durch den Erfolg bestätigt, gab sie ihren alten Beruf auf, studierte Literaturwissenschaften und widmet sich jetzt ganz dem Schreiben. Vor ein paar Jahren kaufte die Bewunderin ihres Landsmanns Knut Hamsun dessen alten Hof „Skogsheim“, auf der Insel Hamarøy, in dem Hamsun 1911 bis 1917 lebte und an den sie intensive Kindheitserinnerungen hat. Ihr Roman "Dinas Buch" wurde als teuerster norwegischer Film 2002 mit Maria Bonnevie und Gérard Depardieu verfilmt. Sie gilt als angesehenste und meistgelesene Autorin ihrer Heimat.

In der Tora-Trilogie schildert Wassmo einen historischen sozialen Kosmos – den Alltag der auf den Fischfang angewiesenen Inselbewohner Nordnorwegens in den 1950er Jahren.

Mal drastisch, mal komisch, mal erschütternd und verblüffend unverfälscht entfaltet sich die Erlebniswelt eines Kindes an der Schwelle zur jungen Frau. Mit bildstarker, ungeheuer direkter Erzählsprache zieht sie die Leser völlig in Toras Welt hinein: das karge Leben auf der Insel, der Wechsel der Jahreszeiten.

Im dritten Band hat die fünfzehnjährige Tora Johansen ganz allein in Breiland, weit weg von zu Hause, die Schwangerschaft geheim gehalten, ihr Kind zur Welt gebracht und es vergraben. Fast ist sie daran zerbrochen, doch dann hilft ihr – wie schon so oft – ihre klarsichtige Tante Rakel aus dem Abgrund heraus. Es gelingt ihr zwar Tora aus der traumatischen Starre zu lösen, doch beim Kampf gegen den Krebs unterliegt die Aufrechte, Unerschrockene und spürt nur zu deutlich, dass sie den nächsten Winter nicht mehr erleben wird. Ihr Tod reißt eine Lücke in die Gemeinde und in Toras Leben. Sie versucht die Lücke zu schließen, indem sie selbst zu Rakel wird

(c) Magazin Frankfurt, 2024