Neuer Michelin Deutschland 2019 auf dem Markt

Wuchs bisher alljährlich im November bei Deutschlands besten Köchen und vielen Feinschmeckern die Spannung, wenn der Restaurantführer „Guide Michelin“ seine Sterne verteilte, so haben diese ein Vierteljahr länger warten müssen, um zu erfahren, wer aufsteigt und wer einen oder mehrere Sterne verliert? Die Ergebnisse sind stets bis zuletzt ein gut gehütetes Geheimnis, das erst bei einer Gala gelüftet wird. Gleich vorweg: es gibt inzwischen nur noch 10 3-Sterne-Restaurants, eins weniger als im November 2017, da Thomas Bühner sein Osnabrücker Lokal La Vie im letzten Sommer schließen musste, nachdem Hausherr Georgsmarienhütte den Geldhahn zudrehte.

Die Trends der vergangenen Jahre bleiben mit neuen, zwanglosen Restaurants, einer Hinwendung zu vegetarischen Gerichten und die Reduktion auf wenige aber gute Zutaten- Doch die Tester goutierten auch traditionsreiche Restaurants im "Guide Michelin" weiter mit Sternen. "Ungezwungener und jünger" nennt Michelin die heutige Spitzengastronomie. Trotzdem wird auch an alten Traditionen nicht gerüttelt. Der Schwarzwald mit seiner Gourmettempeln, wie der "Schwarzwaldstube" der Traube Tonbach bleibt weiterhin holzvertäfelt und auch nach dem Weggang von 3-Sterne-Urgestein Harald Wohlfahrt bekommt sein Nachfolger die begehrten drei Sterne, um die der Hausherr Heiner Finkbeiner wohl mehr denn je gezittert haben dürfte. Baden-Württemberg kommt weiterhin auf die meisten Sternen aller Bundesländer - der Vorsprung auf Bayern ist riesig.

Sehr erfreulich ist der Zuwachs bei der Prinzenklasse der 2-Sterne-Lokale. Gleich auf Anhieb zwei Michelin-Sterne zu bekommen ist selten. Meist muss man sich Stufe um Stufe hinaufarbeiten. Das es auch anderes geht, beweist das erst im Februar 2018 eröffnete Restaurant "Purs" im kleinen rheinland-pfälzischen Andernach, wo Küchenchef Christian Eckhardt diese Meisterleistung glückte. Ebenfalls neu bei den 2-Sterne-Lokalen ist das schicke "Luce d'Oro" auf Schloss Elmau in Krün am Wettersteingebirge, das Heroldsberger "Sosein." in Heroldsberg und "Alexander Herrmann by Tobias Bätz" im traditionellen Herrmann's Romantik Posthotel Wirsberg in der Nähe von Bayreuth. Mit drei neuen Adressen in Bayern konnte der Süden Deutschland weiter zulegen. Dazu wurde das Kölner "Ox & Klee" im schicken Zollhafen ausgezeichnet. Deutschland hat damit jetzt 38 Restaurants mit zwei Michelin-Sternen.

Mit seinen zehn 3-Sterne-Restaurants hält Deutschland weiterhin eine starke Position in der europäischen Spitzengastronomie. Die Anzahl der mit einem Stern ausgezeichneten Lokale stieg zweistellig um 37 Lokale auf 261, womit Deutschland über insgesamt 309 Sternelokale verfügt. Neuer Höchststand. Michelins neuer Direktor für die internationalen Gourmetguides Gwendal Poullennec freut sich dabei neben den "etablierten Altmeistern der Spitzenküche" auf die "Generation junger, talentierter Köche mit erstklassiger Ausbildung und neuen, frischen Ideen", die innovative Gastrokonzepte in die Metropolen tragen.

Eins davon konnten wir schon vor ein paar Jahren in Singapur von der Grundidee in Singapur kennenlernen, wo Janice Wong, die beste Patissière Asiens, in ihrer 2am:Dessertbar ausgefallene Desserts zauberte, die von passenden Süßweinen begleitet wurden. In Berlin hat man jetzt im "CODA Dessert Dining" die Chance auf Sterneniveau moderne Patisserie zu verkosten. Andere Newcomer sind das "Ernst", das auf superfrische regionale Produkte setzt, ein Trend, der uns schon in Aarhus aufgefallen war und das spannende "SAVU", dass eine Kombination aus nordischer, spanischer und italienischer Küche auf den Tisch bringt. Mit dem "Kin Dee" hat man ein thailändisches Lokal, das sich aber bei seinen Zutaten auf das Umland von Berlin verlassen kann.

Auch Frankfurt ist wieder um zwei Sterne-Restaurants reicher, nachdem das zuvor schon einmal mit zwei Sternen ausgezeichnete Tiger-Gourmetrestaurant und das „Weinsinn“ ihre Sterne verloren hatten. Beim „Weinsinn“ war es 2017 der Umzug, der die Tester daran hinderte es in seinen neuen Räumen zu testen, beim Tigerpalast war ein neuer Küchenchef mit neuem Konzept am Ruder, den die Tester ebenfalls nicht mehr berücksichtigen konnten. „Das bedeutet nicht, dass wir die Sterne aberkannt haben“ hatte damals Michelin-Pressechefin Nina Grigoleit betont.

Jetzt haben die Scheibers für das „Weinsinn“ den verdienten Stern zurück und auch Coskun Yurdakul hat im Tiger-Restaurant für seine französische Küche mit orientalischem Touch den ersten Stern erkämpft. Erhalten blieben die beiden Sterne, die Andreas Krolik einst mit seinem Restaurant Lafleur am Palmengarten holte. Aber auch in diesem Jahr gab es wieder einen Sterneverlust. Michael Riemenschneider, der mit seiner steinreichen Expartnerin im Streit lag, musste sein Atelier Wilma am Schweizer Platz schließen. Es bleiben damit neun Sternerestaurants in Frankfurt –nicht schlecht.

Mit Hamburg hat sich eine weitere Millionenstadt mit neuen Adressen für Spitzenküche hervortun können. Wir hatten im Dezember einen Ausflug dorthin unternommen, um das vorweihnachtliche Hamburg mit seinem aktuellen kulturellen und gastronomischen Angebot zu erkunden. Abgestiegen sind wir dabei im schicken "The Fontenay", das Bauherr Michel Kühne an der Stelle des alten Interconti Hotels gesetzt hat. Er hatte dafür extra einen Sternekoch aus der Schweiz an die Außenalster geholt, der oben auf dem Dach unterhalb der Bar im kleinen 40-Platz-Gourmet-Restaurant Lakeside die Gäste mit Alsterblick bekocht. Cornelius Speinle hatte dafür sein Thurgauer Sternerestaurant „drei 10 Sinne“ geschlossen. Schon der Gault&Millau Deutschland gab ihm 17 von 20 Punkten und Stefanie Hehn wurde „Sommelier des Jahres“. Daneben ist es die spannende HafenCity, wo Matteo Ferrantino im "bianc" und Thomas Imbusch etwas weiter außerhalb bei den Elbbrücken im "100/200“", der ganz auf eine Speisekarte verzichtet und die Lebensmittel in der Küche zur Gänze verarbeitet. Für ihn bedeutet “das Beste vom Besten” zu servieren nicht, nur knusprige Brust und zartes Filet aufzutischen, sondern beim großen Ganzen auf beste Qualität zu setzen und diese voll auszukosten. Von “Kopf bis Fuß”.

In München hat nach Frankfurt und Berlin jetzt mit dem deutschen Ableger des bereits seit 2014 besternten Wiener "Tian" ein vegetarisches Restaurant einen Stern eingefahren. Ich erinnere mich noch an einen Abend im Wiesbadener Nassauer Hof, wo die Azubis der Romantik Hotels im Wettstreit aufkochten. Dort hatte mich der Nürnberger Stefan Rottner schwer begeistert, der es geschafft hatte eine erstklassige junge Mannschaft zu sammeln, die auch später in anderen Positionen in der Gastronomie den alten Lehrherrn zur Ehre gereichten. Nürnberg ist mehr und mehr zu einem kulinarischen Hotspot geworden. Mit Rottners Sohn Valentien ist seit 2016 die nächste Generation nach Lehr- und Wanderjahren in der deutschen Spitzengastronomie zurück in der Burgstadt. Mit seinem "Waidwerk" erhielt er jetzt seinen ersten eigenen Stern, daneben sind "Koch und Kellner" und "Der Schwarze Adler"neu in der Liga der Sternerestaurants. Damit hat Nürnberg jetzt fünf Sternerestaurants mit einem Stern und mit dem etablierten "Essigbrätlein" ein erstklassiges 2-Sterne-Restaurant.

Spannend ist inzwischen auch der Besuch der kleinen Mittelrheinstadt Andernach, wo neben Christian Eckhards neuen 2-Sterne-Haus „Purs“ mit Sarah Henkes asiatischen YOSO-Restaurant und dem Italiener Ai Pero zwei weitere Sterne-Adressen auf Gäste warten.

Interessant sind auch stets die von den Testern ausgezeichneten "Bib Gourmand"-Lokale. Die mit dem Gesicht des Michelin Männchens "Bibendum" gelobten Restaurants bieten sorgfältig zubereitete Mahlzeiten mit gutem Preis-Leistungs-Verhältnis an. Ein 3-Gänge-Menü gibt es dabei schon für bezahlbare 37 Euro. Auch hier ist der Zuwachs zweistellig und insgesamt 424 Häuser dürfen sich darüber freuen. Der neue Guide Michelin Deutschland kommt in seiner 56. Ausgabe am 4. März 2019 für 29,95 Euro in den Handel. Aber auch digital kann man die Restaurant-Tipps über eine eigene App oder die Website "Bookatable by Michelin" abrufen. Der vom Guide Michelin angelegte Bewertungsmaßstab ist für alle 30 Länder, die er untersucht, einheitlich. Dafür sorgt ein erfahrenes Team fest angestellter Inspektoren, die ihre Arbeit anonym erledigen und neben der Ausbildung bei Michelin selbst über eine fundierte Ausbildung und Erfahrung in der internationalen Spitzengastronomie verfügen.

(c) Michael Ritter

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