Loriot zum 100. Geburtstag in der Caricatura

Szenenbild Weihnachten bei den Hoppenstedts

(c) Do Leibgirries/Radi Bremen

Mit "Ach was" feiert das Caricatura Museum Frankfurt den im November anstehenden 100. Geburtstag des vor 12 Jahren verstorebenen Humoristen Loriot.

Er dürfte für Generationen wohl der bekannteste deutsche Humorist gewesen sein: Vicco von Bülow, alias Loriot. Ein guter Grund, ihm im Caricatura Museum Frankfurt eine große offizielle Ausstellung zum Hundertsten zu widmen, denn das Museum ist wie kein anderes dafür geeignet. Seit seiner Gründung hat es sich zum bedeutendsten Museum für Komik in Deutschland entwickelt und Loriot lieferte einst das erste Titelbild für die Satirezeitschrift Pardon, in der sich die Neue Frankfurter Schule zusammenfand, deren künstlerisches Erbe der Grundstock der Sammlung und der Ausstellungen des Caricatura Museums bildet.

Loriot war einer der maßgeblichsten Cartoonisten der Nachkriegszeit und brachte in seiner von 1967-1972 moderierten Fernsehsendung „Cartoons“ dem breiten TV-Publikum die Komische Kunst nahe. Ein Vermittlungsauftrag, für den sich auch das Caricatura Museum verantwortlich sieht. In seinem späteren Fernsehschaffen wurde aus dem moderierenden Zeichner der schauspielende Komiker, seine Fernsehsketche mit Evelyn Hamann gehören zu den Höhepunkten der deutschen Fernsehgeschichte.

Viele von uns Älteren glauben deshalb Loriot schon fast in- und auswendig zu kennen. Dass es nach wie vor einiges über Loriot zu entdecken gibt, zeigt jetzt die Ausstellung, die ihn als Zeichner, Autor, Regisseur und Schauspieler würdigt. Gezeigt werden darin sowohl seine frühen Cartoons für die Zeitschriften Quick und Stern, Phasenzeichnungen seiner Trickfilme, Fotos der Sketche, Drehbücher für die Filme und Bühnenmodelle seiner beiden Oper-Inszenierungen.

Weitgehend unbekannt sind seine ersten Zeichnungen aus Kindheit und Jugend, aber auch sein Spätwerk. Natürlich dürfen auch Wum und Wendelin nicht fehlen und in einem extra eingebauten kleinen Kino im 2. OG laufen Ausschnitte des Film- und Fernsehschaffens von Loriot.

Kuratiert haben die Ausstellung Till Kaposty-Bliss und Tom Kronenberg und würdigen darin einen Künstler, der für den Humor in Deutschland von herausragender Bedeutung ist. Sehr viele Exponate haben sie zusammengetragen und schließlich mehr als 700 Exponate davon auf allen vier Ebenen des Museums an die Wände und in Vitrinen gebracht. Dabei umfasst die Ausstellung neben der Wechsel- auch die Dauerausstellungsfläche. "Nicht so schlimm"m sagt man sich, denn die Zeichner der Neuen Frankfurter Schule waren eng mit Loriot verbunden und so finden Besucher und Besucherinnen die Frankfurter Granden der Karaikatur mit ihren Loriot gewidmeten Bildern wieder. Einiges findet man auch in dem neuen Buch „Er lebe hoch! Eine humorvolle Hommage auf Loriot“, dass anlässlich des Geburtstags von Denis Metz und Steffen Gumpert herausgegeben wurde.

Die Ausstellung im Caricatura Museum Frankfurt wird heute Abend eröffnet und ist bis zum 25. Februar 2024 zu sehen. Als Unterstützer und Kooperationspartner haben der Kulturfonds Frankfurt RheinMain, die Fazit-Stiftung, Brieke, Radio Bremen, SWR, Diogenes und Das Magazin zum Gelingen beigetragen.

Loriot, Alles was er macht ist sinnlos

(c) Studio Loriot

Loriot war wohl der bedeutendste Humorist der Nation: Wie kaum ein anderer prägte er mit seiner ihm ganz eigenen Stilistik nachhaltig die deutsche Humorlandschaft. Bis heute werden Zitate aus seinen zahlreichen Cartoons, Sketchen und Filmen erinnert, sind längst als geflügelte Worte in den Sprachgebrauch eingegangen. Loriots Knollennasenmännchen begleiten Generationen. Seine Cartoons und Zeichnungen, ursprünglich für Magazine und Zeitungen ausgearbeitet, wurden in Buchform in vielen Auflagen zu Kassenschlagern. Mit Ewigkeitswert erfreuen sie nach wie vor in immer neuen Zusammenstellungen ein breites Publikum. Nicht wegzudenken seine (Trick-)Filme und Sketche, die als Ikonen der TV- und Filmgeschichte den Weg für zahlreiche andere Comedians und humoristische Formate ebneten.

Loriot legte nie den Habitus des preußischen Bildungsbürgers ab. Mit seinem zurückhaltenden, würdevoll feinsinnigen Auftreten eines Gentlemans schien er aus der Zeit gefallen. Mit ausgeprägter Beobachtungsgabe und Selbstironie hielt er aus dieser Distanz der bundesrepublikanischen Nachkriegsgesellschaft den Spiegel vor, die sich auf der Suche nach neuen Normen und Werten mit Beflissenheit der Adenauerzeit in Konventionen verbiss. Nie in einem herablassenden didaktischen Duktus, immer charmant, immer auf Augenhöhe. Loriot interessierte das Alltagsleben und das Familienleben der Menschen. Selten waren Tagesaktuelles oder Politik sein Thema. Wenn doch, so zielte auch hier sein Humor auf das Streben nach Perfektion, das im Chaos endet, auf das absurdkomische Scheitern zwischenmenschlicher Kommunikation ab. Mit Gespür für kleinste Details sezierte er die bürgerliche Mittelschicht in ihrer Durchschnittlichkeit und entlarvte ihre vielen situativen Widersprüche. Weil seine Figuren keine Außenseiter der Gesellschaft sind, sondern der Mehrheit angehören, schuf Loriot einen hohen Wiedererkennungswert im Publikum, der seine Wirkung nicht verfehlt: das Lachen - auch über sich selbst.

Loriots detaillierte, aufs Wesentliche konzentrierte Zeichnungen werden von seinen berühmten Knollennasenmännchen bevölkert, die zum Markenzeichen wurden. Es sind liebenswürdige Figuren, die Loriots humanistischen Ansatz durchscheinen lassen: Niemals werden sie verlacht, ihrer Würde beraubt. Immer spürbar ist auch der lustvoll spielerische Umgang Loriots mit Sprache, Worten, Textgattungen und -genres. Gekonnt lotete und reizte er diese für seine Komik bis hin zur Absurdität aus. Seine Stilistik ist restringiert und elaboriert zugleich. Nicht selten entfaltet sich die Komik Loriots erst durch die Akkuratesse und Rhythmisierung der Sprache im krassen situativen Gegensatz (Männer im Bad).

Zeitlebens Perfektionist, lag allen Tätigkeiten Loriots sein außerordentlicher Hang zur Präzision zu Grunde: Ob in seinen zeichnerischen Arbeiten, Sketchen, Filmen und Theaterarbeiten: Loriot meisterte Herausforderungen stets mit neuen Ideen, Ansätzen.

So revolutionierte er die Aufnahme der Realsketche, die zuvor nur in einem Dreh aus verschiedenen Perspektiven gefilmt wurden. Loriot bestand auf Einzelaufnahmen, die es ermöglichten, einzelne Szenen bis ins kleinste Detail auszuarbeiten. Legendär auch sein Perfektionswille bezüglich der Bauten, Requisiten und Kostüme am Set. Nichts wurde dem Zufall überlassen: Auf jede kleinste Betonung achtete der Regisseur Loriot, ein Umstand, der auch dazu führte, dass er selbst viele der Rollen aus seiner Feder übernahm.

Loriot war ein Phänomen, dem man sich in all seinen Facetten als Autor, Zeichner, Schauspieler, Moderator, Bühnen- und Kostümbildner, Mops- und Opernliebhaber und als großzügigem Menschen und Gastgeber nähern kann. Dazu laden die Ausstellungsmacher des Caricatura Museums Frankfurt mit der Ausstellung „Ach was. Loriot zum Hundertsten“ ein.

Die offizielle Ausstellung im Jubiläumsjahr dokumentiert in noch nie dagewesener Umfänglichkeit den Künstler Loriot und sein Werk. Die zahlreichen Exponate erstrecken sich über die gesamte Ausstellungsfläche des Museums. Wie kein anderes Museum ist es für diese Präsentation geeignet, hat es sich doch in der Zeit seiner Gründung zum bedeutendsten Museum und Kompetenzzentrum für Komik entwickelt. Loriot lieferte das erste Titelbild für die Satirezeitschrift Pardon, in der sich die Neue Frankfurter Schule zusammenfand, deren künstlerisches Erbe den Grundstock der Sammlung und der Ausstellungen des Caricatura Museums bildet.

Bewusst für ein breites Publikum konzipiert, beleuchtet die Ausstellung auch weniger bekannte Facetten des Ausnahmetalents, die dem ein oder anderen Besucher ein interessiertes „Ach was?!“ entlocken dürften. So zum Beispiel seine frühen Werbegrafiken, die bislang noch in keiner Ausstellung gezeigt wurden. Die Ausstellung würdigt insbesondere die Verbindung Loriots mit der Neuen Frankfurter Schule und präsentiert Zeichnungen anderer Humoristen, die sich mit seinem Werk auseinandergesetzt haben. Film-Enthusiasten dürfen sich auf viele Dokumente und auf Auszüge seines filmischen Werks im eigens eingerichteten Kino in der Galerie des Museums freuen.

Auch dokumentiert die Ausstellung die ausgeprägte Opern-Leidenschaft Loriots. Selfie-Highlight der Besucher ist die Original-Stele aus seinem Privatbesitz, an der er jahrzehntelang seine zahlreichen (prominenten) Besucher für das ebenfalls ausgestellte Gästebuch in seinem Haus in Ammerland fotografierte.

Loriot, Der modische Soldat

(c) Studio Loriot

(c) Magazin Frankfurt, 2024