So testet die Stiftung Warentest
Wie wird getestet?
(c) Michael Ritter. Dr. Holger Brackemann (Leiter Untersuchungen, Stiftung Warentest), Isabella Eigner (Chefredakteurin test) und Steffi Lemke (Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz) im Prüflabor
Es ist ein streng gehütetes Geheimnis, welche Prüflabore den Auftrag erhält, einen der rund 100 jährlichen Tests im Auftrag der Stiftung Warentest durchzuführen. Manchmal ist es ein Institut, manchmal bis zu drei. Das ist wichtig, denn die Stiftung will sicherstellen, dass bei den Labors keine Einflussnahme seitens der Hersteller, des Handels oder anderer Lobbygruppen erfolgt. Denn die mächtigen Lobbygruppen versuchen nicht nur bei Politik und Gesetzgebung Einfluss auf Gesetze und Verordnungen zu nehmen, die stärker ihren Interessen, als denen der Verbraucher gerecht werden.
Fast 100 zertifizierte Prüflabore in ganz Europa haben im Lauf der inzwischen 60 Jahre seit ihrer Gründung im Jahr 1964, in denen sie für uns Verbraucher die unterschiedlichsten Produkte untersuchen lässt, das Vertrauen der Stiftung Warentest gewonnen. Die deutsche Bevölkerung kennt sie und dankt es ihr mit einem Vertrauen (74%), das nur von der Polizei (80%) getoppt, aber Bundesverfassungsgericht (66%), öffentlich-rechtlichen Rundfunk (53%), Unternehmen (41%) , Bundesregierung (28%), Kirche (20%) und politische Parteien (18%) hinter sich lässt. Prüfinstitute, die mit ihrer gewissenhaften Arbeit einen erheblichen Beitrag dazu leisten, dürfen ihre Arbeit für die Stiftung Warentest allerdings nicht für die Kundenakquise nutzen, da strikte Verschwiegenheit gegenüber Außenstehenden vereinbart wird – auch nach erfolgten Aufträgen.
Teppich im Saugtest
(c) Michael Ritter
Die Stiftung lädt ein ins Prüflabor
Insofern war es eine Premiere, dass die Stiftung Warentest eine kleine Gruppe von Medienvertretern aus ganz Deutschland in den Südosten Deutschlands einlud. Streng wurden wir im Vorfeld ermahnt, das Prüflabor und den Ort nicht zu verraten. |
Pressemuster sind tabu |
Wie klappt das Bohren?
(c) Michael Ritter
Der Einfluss der Lobby auf die EU-Normen
Prüfer kritisieren schon bei der rechtlichen Fixierung der Richtlinien die mangelnde Transparenz bei der Gesetzgebung, die inzwischen oft auf EU-Ebene erfolgt. Dort nehmen Lobbyisten meist unbemerkt von der Öffentlichkeit Einfluss auf die Gesetzgeber. Das rügt gerade ein Bericht des Europäischen Rechnungshofs, der zwar positive Aspekte des neuen EU-Transparenz-Registers lobt, das Bürgern über gemeldete Lobbyisten und den potenziellen Einfluss informiert, aber durch Lücken die geforderte Transparenz oft zur Farce macht, da Lobbyisten die Registrierung auch völlig umgehen können. |
Vor der Idee zum fertigen Test |
Waschmaschinen in Reih und Glied
(c) Stiftung Warentest
Gang durch die Testlabore - Waschmaschinen
Die teilweise extrem hohen Testkosten hat man uns bei den Waschmaschinen klargemacht, die in Reih und Glied in jeweils vierfacher Anzahl pro Produkt in einem der größeren Labore standen und von den Mitarbeitern mit Musterhandtüchern gefüttert wurden. Testdauer: 1.200 Waschgänge in sechs Monaten mit zwei Schichten pro Tag, um so eine Lebensdauer von 10 Jahren zu simulieren. Da liegen die durchschnittlichen Betriebskosten je nach Gerät zwischen 955 und 1385 Euro. Für Verbraucher in zehn Jahren, für das Prüflabor in sechs Monaten. Das summiert sich bei zehn Produkten mit je 4 Exemplaren allein für Energie- und Wasserkosten schon mal auf 50.000 Euro an. In Einzelfällen kommen Kosten von fast 400.000 Euro zustande. Redundanz bei den Geräten sorgt dafür, dass auch bei Ausfall eines Musters der Test nicht abgebrochen werden muss. |
Die Welt der Staubsauger |
unterschiedliche Ergebnisse der Häcksler
(c) Michael Ritter
Gehäckselt für den Kompost
Draußen vor der Tür eines der Labore liegt ein riesiger Haufen an Baum- und Heckenteilen, mit denen man gerade Gartenhäcksler testet. Während die Messehäcksler schnitzen, zermalmen und quetschen die Walzen-Häcksler die Äste. Nebenan liegen kleine Haufen, die deutlich zeigen, dass die Unterschiede in der Qualität ebenso gewaltig sind, wie im Preis. Die Tester rieten hinterher eher zur Walze als zum Messer – nicht nur wegen der Lautstärke. Dabei muss teuer nicht gut sein und günstig nicht schlecht, wie schon ein alter Test aus dem Jahr 2019 zeigt, bei dem aber alle Testsieger aus einem Stuttgarter Traditionsunternehmen stammten und der deutlich teurere eines ehemaligen DIHK-Präsidenten gerade einmal ein „ausreichend“ erhielt.
Im Küchenlabor gab es sogar etwas zu probieren. Mürbeteigstangen und Pommes Frites. Die untersuchten Heißluftfritteusen konnten beim letzten Test nicht überzeugen. „Zu heiße Luft“ titelte die Stiftung in Test und bemängelte bei einiger der teuren Geräte Sicherheitsmängel. Das kann eigentlich nur besser werden.
Kühlschrank mit musterfüllung
(c) Michael Ritter
Die Tricks der Lobby bei den Kühlgeräten
Das Testlabor für Kühlschränke hat man in Räume mit Temperaturkontrolle untergebracht. Überall in und um die Geräte liegen Päckchen, die mit einer Spezialmischung gefüllt sind und die Eigenschaften von Rindfleisch simulieren sollen. Vielleicht kommt später auch mal was für Vegetarier auf den Markt. Diese Päckchen werden mit Temperaturfühlern in den Kühl-Gefrier-Kombinationen platziert und ermittelt, wie schnell sie in den Geräten einfrieren bzw. auftauen. Auch dort zeigte ein neuer Test, dass Marke kein Garant für Qualität ist und man auch die Energielable kritisch hinterfragen sollte, da das von Lobbyisten beeinflusste EU-Lable praxisfern misst, denn es ermittelt den Verbrauch bei leerem Kühlschrank und dauerhaft geschlossener Tür. Völlig weltfremd. Die Stiftung packt die Geräte mit den schon genannten Päckchen voll und öffnet und schließt regelmäßig die Türen und fügt neue Päckchen mit Raumtemperatur hinzu. So übersteigt der reale Stromverbrauch die des EU-Labels um bis zu 80 Prozent. So kann die Industrie die in 15 Jahren anfallenden Stromkosten von 2080 Euro bei einem der insgesamt teuersten Geräte auf 1100 Euro herunterrechnen. Wer ein neues Gerät kauft sollte bei den steigenden Energiepreisen deshalb genau auf den echten Stromverbrauch achten und sich lieber für ein gutes teureres Gerät entscheiden, da die Stromkosten meist höher sind als der Kaufpreis. |
Nicht immer ist es den Ingenieuren möglich, die Tests selbst durchzuführen. So mussten im Jahr 2021 deutschlandweit 254 Familien gesucht werden, die dann über mehrere Wochen mit ihrem Nachwuchs Windeln testen mussten. So wurde jede Windel von 104 Babys bis zu eine Woche lang getragen und die Eltern mussten Tragekomfort, Auslaufschutz und Handhabung mit Hilfe von Fragebögen beurteilen. Summa summarum waren das zwei LKW-Ladungen von Windeln. |
Kriterium Lautstärke
(c) Stiftung Warentest
Die Auswertung bei der Stiftung Warentest
Nachdem das unabhängige Speziallabor die Waren im Auftrag geprüft hat, wird das Gutachten bei der Stiftung Warentest ausgewertet, verifiziert und die Ergebnisse gewichtet. Bewertet wird nach fachlich-wissenschaftlichen Kriterien und im Vergleich untereinander. Dabei kommen auch große und renommierte Hersteller nicht immer ohne Blessuren davon und wenn bei einer der geprüften Waschmaschinen bei allen Prüfmustern der Heizstab ausfällt, sollte man beim Kauf ruhig Zusatzkosten einplanen oder ein anderes Produkt wählen. |
Wie beim Wettkampf – Sieger und Loser |
Nicht alle Testmuster überzeugen die Prüfer
(c) Stiftung Warentest
Werbefrei und unabhängig
Werbung erscheint in den Magazinen der Stiftung Warentest nicht, um die Unabhängigkeit zu demonstrieren. Früher hat die Bundesregierung diese Einnahmeverluste mit Zahlungen ausgeglichen, doch zwischenzeitlich finanziert sich die Stiftung aus dem Verkauf der Hefte (58 %), durch den Download einzelner Tests oder von Flatrate-Abos (11,5%), den Publikationen (7,5%) und der Lizensierung der Testurteile für die Produktwerbung (10%). Durch die Filtermöglichkeiten beim Digitalauftritt haben die Leser die Möglichkeit, Tests genau nach ihren eigenen Bedürfnissen zu filtern, denn nicht alle Ergebnisse sind für alle Nutzer gleichermaßen relevant. 72 Millionen Besuche im Internet waren es 2022. |
Jedes Jahr kommt es dadurch zu rund fünf Verfahren, die durch die gewissenhafte Prüfung und deren Kontrolle fast immer zu Gunsten der Stiftung Warentest ausgehen. In ihrer gesamten 60-jährigen Geschichte wurde sie noch nie rechtskräftig zur Zahlung von Schadenersatz verurteilt. Der Bundesgerichtshof hat in zwei Grundsatzurteilen die Testmethodik der Stiftung Warentest bestätigt. |
Kriterium Lautstärke
(c) Stiftung Warentest
(c) Magazin Frankfurt, 2024