Bizet, Carmen

Bizets Carmen entstand nach der gleichnamigen Novelle von Prosper Mérimée. Zwar kam sie als Opéra-comique auf die Bühne, war aber ein revolutionärer Bruch und läutete mit ihrer realistischen Milieuschilderung, Dramatik und schicksalhafte Tragik den in Italien brodelnden Verismo ein. Die ungewohnte Dramatik führte zwar bei der Uraufführung 1875 an der Pariser Opéra-Comique zu Ablehnung, doch schon bald wurde Carmen zu einem der größten Erfolge der Operngeschichte. Leider erlebte ihn der Komponist nicht mehr mit, der ein Vierteljahr nach der Uraufführung jung im Alter von 36 Jahren starb. Noch heute gehört Carmen zu den beliebtesten und meistaufgeführten Werken des Opernrepertoires und so wundert es nicht, dass die Oper Frankfurt sie zum fünften Mal wieder auf den Spielplan der Saison nimmt. Schon 2015/16 war die Oper unter der Regie von Barrie Kosky ein Höhepunkt der Spielzeit. Kosky, der damals Intendant und Chefregisseur der Komischen Oper Berlin war, arbeitet dort inzwischen nur noch als Chefregisseur.

Die Frankfurter Carmen ist in einer von Kosky, dem Dirigenten der Premierenserie Constantinos Carydis sowie dem Herausgeber der kritischen Ausgabe, Michael Rot, eigens erstellten Fassung zu erleben, die Elemente der „großen Oper“ mit denen des Varieté und der Revue im Geiste Offenbachs kombiniert und zudem mit atemberaubenden Tanzszenen anreichert. Die Inszenierung riss das Publikum förmlich von den Sitzen. Viele, die das populäre Werk gut zu kennen glaubten, sahen es plötzlich in völlig neuem Licht. Auch die Presse war begeistert, was sich nach der Premiere mit Schlagworten der Kollegen wie „kultverdächtig“, „brillant und böse“ und „Weltklasseproduktion“ entlud.

Wer die Oper noch nicht kennt: Der pflichtbewusste Sergeant Don José verliebt sich in die verführerische Carmen, Arbeiterin in einer Zigarettenfabrik. Ihr zuliebe desertiert er von der Armee und schließt sich – entgegen den Bitten seiner Jugendliebe Micaëla, mit ihr in sein Dorf zurückzukehren – einer Schmugglerbande an.

Angewidert von seiner schon bald aufflammenden Eifersucht wendet sich Carmen dem Torero Escamillo zu und gibt dem verzweifelten José den Laufpass. Zutiefst gekränkt sucht dieser eine letzte Aussprache, doch von Carmens Beharren auf ihre Freiheit provoziert ersticht er die Geliebte.

Auch das Royal Opera House Covent Garden in London lieh sich die Inszenierung aus. Bei der Wiederaufnahme steht der Italiener Giuseppe Mentuccia am Pult. Der italienische Dirigent und Pianist war bereits an so renommierten Spielstätten wie der Metropolitan Opera oder der Wiener Staatsoper zu Gast und von 2018 bis 2023 musikalischer Assistent von Daniel Barenboim. Mit ihm und Edward Said hat er 2020 das Barenboim-Said Akademie Orchestra gegründet, dass er auch leitet und dirigiert. Er ist zudem Mitglied im Boulez Ensemble. Als Gast erstmals mit dabei ist die aus Armenien stammende Mezzosopranistin Varduhi Abrahamyan, die in der Partie der Carmen schon in München, Zürich, Paris, London und an der Metropolitan Opera New York zu hören war. An ihrer Seite singt Opernstudio- Mitglied Abraham Bretón den Don José. Der junge mexikanischen Tenor war zuvor schon als Graf von Gloria-Cassis in Offenbachs Die Banditen zu sehen. Nach der Partie der Frasquita in der Premiere verkörpert Ensemblemitglied Kateryna Kasper erstmals die Micaëla, abwechselnd mit Nombulelo Yende aus dem Opernstudio. In der Partie des Escamillo alternieren Liam James Karai vom Opernstudio der Hamburgischen Staatsoper sowie die Ensemblemitglieder Kihwan Sim und Nicholas Brownlee, wobei Kihwan Sim bereits mit dieser Produktion vertraut ist.

Wiederaufnahme ist am 2. März 2024, weitere Vorstellungen folgen am 8., 17., 28. März, sowie am 1., 5. und 13. April 2024.

(c) Magazin Frankfurt, 2024