Kulinarisches Karlsruhe

Schloss Karlsruhe

Von Frankfurt aus ist Karlsruhe in gut einer Stunde zu erreichen, mit dem ICE oder - wenn es der Verkehr erlaubt - mit dem PKW auf der Autobahn, Der Besuch in der badischen Metropole vor der Haustür zum Elsaß und Schwarzwald lohnt sich, den neben der obersten Gerichtsbarkeit gibt es dort spannende Kultur und lohnende Gastronomie.



Café Gutenbergplatz

(c) Karlsruhe Tourismus

Michelin und das kulinarische Karlsruhe

„Willst du immer weiter schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah“ schrieb schon Johann Wolfgang von Goethe in einem Gedicht. Vielleicht haben die Worte des aus Frankfurt stammenden deutschen Dichterfürsten auch die 2019 dorthin umgezogenen Verantwortlichen der deutschen Niederlassung des französischen Reifenproduzenten Michelin bewogen, Karlsruhe als ihren langjährigen Sitz und Herstellungsstätte von LKW-Reifen in die engere Wahl zu ziehen, als es darum ging, in diesem Jahr die Sterne für ihren Hotel- und Restaurantführer zu vergeben. Denn auch Karlsruhe, dessen Stadtgrenze gerade einmal fünf Kilometer von der Grenze zum Elsass entfernt liegt, ist ein guter Ort für Genießer.

Mit dem sein und der kreativen Küche Thorsten Bendlers hat die Stadt seit diesem Jahr erstmals ein 2-Sterne-Restaurant, das mit spannenden Menüs auch einen Umweg lohnt. Das Tawa Yama mit seinem japanischen Namen bietet asiatisch inspiriertes Fine Dining auf 1-Sterne-Niveau und im erasmus sorgen Andrea und Marcello Gallotti biozertifiziert in einem denkmalgeschütztem Bauhaus-Gebäude für eine gut sortierte Weinkarte und ambitionierte italienisch-mediterrane Küche nach dem Prinzip Nose to Tail, beziehungsweise - für die vegetarischen und veganen Genießer - von Root to leaf an, die Michelin mit dem seit 2019 vergebenen Grünen Stern adelte. Ein paar Kilometer außerhalb liegt zum Beispiel in Ettlingen, wo der Erbprinz schon seit vielen Jahren zu den gastronomischen Institutionen gehört, in dem in seiner goldenen Zeit in den 60er und 70er Jahren unter dem damaligen Küchenchef Günther Wanka spätere Topköche wie Lothar Eiermann, Hans Haas, Marc Haeberlin, Alfred Klink, Jörg Sackmann und Eckart Witzigmann ihre Erfahrungen erweitert haben.

Vielleicht war dies der Grund, die diesjährige Sternevergabe nach mehr oder weniger virtuellen Präsentationen in den Corona-Jahren im Karlsruher Konzerthaus der offiziellen Gastgeberstadt durchzuführen. „Die Gastronomie in der Region hat definitiv eine Menge zu bieten: von einem hochwertigen kulinarischen Angebot bis hin zu interessanten Weinanbaugebieten wie der Ortenau, dem Kraichgau oder der Pfalz in unmittelbarer Nähe“, sagte Gwendal Poullennec, der Internationale Direktor der Guide MICHELIN zur Wahl der Gastgeberstadt.

Die einstige Kurpfälzer Residenzstadt hat das Team des Guide MICHELIN begeistert, da neben der Sterneküche auch die beliebten Bib Gourmands dort oft anzutreffen sind. Sehr alt ist die Stadt nicht. Erst vor gut 300 Jahren legte Markgraf Karl III. Wilhelm von Baden-Durlach den Grundstein für die barocke Planstadt.

Ein Traum soll ihm die Inspiration gegeben haben, für eine Residenz im Stil des Barock und Neoklassizismus. Beim Schloss spürt man die Anregungen von Versailles. Auch französische Feinschmecker aus dem nahen Elsass, kommen gerne über die offene Grenze, um hier und den Gourmetdestinationen im Rheintal und nahen Schwarzwald Sterne-Menüs zu genießen, die meist günstiger sind als in der frankophonen Heimat. „Durch die Lage in der sonnigen Rheinebene und die unmittelbare Nähe zu Frankreich gehören in Karlsruhe Genuss und Gaumenfreude ganz einfach zum Leben dazu. Wir haben daher das Jahr 2023 unter das Motto ‚Karlsruhe. Eine Stadt zum Genießen‘ gestellt“, freut sich Karlsruhes Cheftouristiker Pascal Rastetter.

334 Sterne haben die Tester des Guide Michelin dieses Jahr vergeben und damit einen neuen Rekord aufgestellt. Die Inspektoren waren begeistert vom großen Engagement und vom Mut, mit dem viele Gastronomen die Corona-Krise bewältigt hätten. Etliche konnten durch kluge und flexible Catering-Konzepte ihr Personal halten und so dem starken Fachkräftemangel die Stirn bieten. Neben einem neuen 3-Sterne-Restaurant, dem Münchener JAN von Jan Hartwig, dem es gelungen ist, seine Wertung aus dem Atelier mitzunehmen, gibt es in diesem Jahr mit 50 2-Sterne-Restaurants acht Neuzugänge. Bei den 1-Sterne-Restaurants konnten sich 34 Küchenchefs über den Einstieg in die Sterneküche freuen. 28 Köche erhielten die überaus begehrte Auszeichnung des Bib Gourmand für ein erstklassiges Preis-Leistungs-Verhältnis. Damit stieg deren Zahl auf 274 Betriebe.

Schon erwähnt hatten wir Michelins Grüne Sterne, die neu an 16 Restaurants für eine nachhaltigere Gastronomie vergeben wurden. Insgesamt dürfen sich 72 Restaurants über diese zukunftsweisende Auszeichnung freuen, die auch von den Gästen sehr geschätzt wird. Nicht jeder Gastronom traut sich allerdings zu, dauerhaft und in ausreichender Menge regionale Bioprodukte der Saison und Fleisch aus artgerechter Tierhaltung aus der Umgebung zu besorgen. Andere nachhaltige Ideen wie Müllvermeidung, Recycling und Energieeinsparung sind oft leichter umzusetzen, wenn es dem Chef gelingt, die Mitarbeiter zu sensibilisieren und die Gäste über den respektvollen Umgang mit Ressourcen und Lebensmitteln zu informieren, der als Basis für eine nachhaltigere Gastronomie unerlässlich ist.




Blick vom Turmberg

(c) Karlsruhe Touriismus

Kulinarischer Stadtbummel

Arte Dolce Gelateria Karlsruhe

(c) Michael Ritter

Doch auch ohne Michelin-Sterne hat Karlsruhe einiges zu bieten. Der Ort gilt als zweitwärmste Stadt Deutschlands und wenn die Sonne rauskommt kommt man schnell ins Schwitzen. Doch auch mit eiskaltem Genuss kann man dienen. Unter die Top 40 Deutschlands wurde die Gelateria Arte Dolce vom ,,Feinschmecker" aufgenommen, denn man bekommt dort einige besondere Sorten. Der Tamile Thavakumar Maniam hat sich damit zusammen mit seiner Frau Maria einen Traum erfüllt. Mit 15 Jahren kam er vor mehr als 30 Jahren als Bürgerkriegs-Flüchtling aus Sri Lanka in der Stadt an und hat sich mit seiner eigenen Eisdiele “Arte Dolce” einen Traum erfüllt und bietet kleinen und großen Gourmets eine ganz neue Eis-Welt. Angegangen hat er im Stadtteil Durlach als Tellerwäscher. Unser Vorschlag - den Besuch mit einem anschließendem Spaziergang Richtung Gutenbergplatz verbinden, wo wunderschön die Blumen und Bäume blühen. Nicht nur für die Einheimischen ist er einer der schönsten Plätze in Karlsruhe und steht mit seiner Umgebung als Gesamtensemble unter Denkmalschutz. Um den Krautkopf- und Pelikanbrunnen herum scharen sich dienstags, donnerstags und besonders am Samstag bis zu 40 Stände auf dem ältesten Wochenmarkt der Stadt.

Die Ölmühle ist nur eine von fünf Manufakturen im Haus, in denen man Produkte sinnlich erleben kann. BioArt-Gründer Robert Rosenstatter kämpft schon seit einem guten Vierteljahrhundert für biologische und nachhaltige Produkte aus seiner Heimat und ist einer der Bio-Pioniere des Landes, der einen wesentlichen Anteil daran hat, dass sich das Salzburger Land als BioParadies präsentieren kann. Wir haben bei der kleinen Bio Kaffeerösterei „Naturkaffee“ vorbeigeschaut, wo die Produkte vor Ort geröstet werden, die man dann im Bioladen erwerben oder im Bio Café & Restaurant probieren kann. „Lass dir Zeit“ lautet das Motto von Christoph Hellermann, der sich tief in die unterschiedliche Röstung seiner angebotenen Sorten eingearbeitet hat. Der Chef-Diplom-Kaffeesommelier legt Wert auf Qualität seines Rohmaterials, dem er mit Liebe, Hingabe und Fingerspitzengefühl versucht, ihr volles Aroma zu entlocken. Spannend auch der Besuch der BioArt Genusswerkstatt, einer offenen Küche, in der man bei Kochkursen die Geheimnisse der Küche des Salzburger Lands erlernen kann. 2022 gewann Seeham den Titel „Beste Bio-Stadt Europas“. Gründer Rosenstatter möchte mehr. Er will, dass sich sein BioCampus weit über die Grenzen der Region hinaus zum wichtigen Kompetenzzentrum für Bio, Nachhaltigkeit und eine lebenswerte Zukunft entwickelt. Er ist auf dem richtigen Weg und der Erfolg lockt andere Anhänger der Nachhaltigkeit ins Haus.

Cuts & Glory Bar

(c) Michael Ritter

WEIN, KULTUR, RECHT UND TECHNIK

Cocktail im Cuts & Glory

(c) Michael Ritter

Weinliebhaber sein ein kurzer Ausflug in Karlsruhes größten Stadtteil Durlach empfohlen. Bis zur Gründung Karlsruhes war hier die Residenz der Markgrafschaft Baden-Durlach. Hier beginnt bereits der für seine Weine berühmte Kraichgau und der Nordschwarzwald. Mitten im Ort sitzt einer der deutschen Hauptproduzenten von homöopathischen Arzneimitteln, der Dr. Willmar Schwabe-Konzern, der die Verbraucher mit Mitteln fürs Gedächtnis, den Darm und Milliarden von Globuli versorgt.

0urlachs Hausberg ist der Turmberg mit Resten einer alten Burganlage. In der dort liegenden Sportschule Schöneck, wo schon die deutsche Fußballnationalmannschaft unter Trainer Sepp Herberger 1954 für die Weltmeisterschaft trainierte in der Schweiz trainierte und dort – durch das Wunder von Bern - den Pokal nach Deutschland holte. Wegen des herrlichen Ausblicks auf Karlsruhe und das Rheintal ist er ein beliebtes Prominenten- und Villenviertel von Karlsruhe. Am Turmberg kultiviert das Staatsweingut Karlsruhe-Durlach seine Reben, lässt die Trauben sorgfältig reifen und serviert den Gästen elegante Rot- und Weißweine, die man im ganzen Land schätzt.

Kultur und Kreative versammeln sich in Karlsruhe gerne auf dem Gelände des Alten Schlachthofs, den man nach seiner Stilllegung 2006 mit Hilfe von alten Containern in einen Kreativpark mit Co-Working-Space verwandelt hat. Damit auch das Essen und Trinken nicht zu kurz kommt, lädt dort Carls Wirtshaus zu spannenden Craft Beer und leckeren veganen, vegetarischen und fleischbetonten Gerichten.

Erstklassige Cocktails im stylischen Ambiente bekommt man dann später am Abend im Hirschhof, wo das Cuts & Glory auf wunderbare Weise Klassiker kennt und diese zeitgemäß und spannend interpretiert. Knapp 400.000 sind es inzwischen geworden und neben einem eigenen Gin lohnt es sich, den erfahrenen Barkeepern hinter dem Tresen, der wie ein Boxring angelegt ist, Freiraum zu geben, um dann neue Kreationen zu entdecken.

Wer sich für Rechtsangelegenheiten interessiert, ist hier im Schoss der Justitia, denn neben dem Bundesgerichtshof und dem Bundesverfassungsgericht sitzt hier auch der Generalbundesanwalt mit seinem Team. Kunst- und Kulturfreunde finden in der Staatlichen Kunsthalle, im Badischen Landesmuseum und im Zentrum für Kunst und Medien ZKM erstklassige Ausstellungen, die ihr Herz höherschlagen lässt und mit dem KIT, dem Karlsruhe Institut für Technologie sitzt hier die nationale Forschungsuniversität der Helmholtz-Gemeinschaft, die deutschlandweit die No. 1 ist und auch einen internationalen Vergleich mit der ETH Zürich und dem MIT in Cambridge nicht zu scheuen braucht.

Neben der Kulinarik und dem Wein hat Karlsruhe also auch sonst eine ganze Menge zu bieten und mir wird bei meinem Besuch schnell klar, dass ich in nächster Zeit unbedingt noch einmal wiederkommen muss.

(c) Michael Ritter

(c) Magazin Frankfurt, 2024